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15.05.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Meyer Kainer: Selbstverliebt - Galerie Mezzanin: Hüllenlos | ||
Die Comtesse de Castiglioni liebte es, fotografiert zu
werden. Über 5000 Porträts soll sie von sich anfertigen haben lassen. Im
Alter ging sie dafür nur mehr nachts und verschleiert aus. Die
exzentrische Adelige residierte am Place Vendôme, an dem auch Chopin
seinen Lebensabend verbrachte. US-Künstler T. J. Wilcox erzählt in
einem seiner zauberhaften 16mm-Filme von den Bewohnern dieses Pariser
Platzes. Die Filmserie heißt "Garlands", was Blumenkranz wie auch
Geschichtensammlung bedeutet. Wenngleich die Filme wie Homemovies wirken,
wurden sie mit viel Aufwand produziert. Raffiniert fügt der Künstler
Collagen, Fotos, Trickfilmelemente ein; er bearbeitet die Super-8-Filme
zwar digital, lässt sie aber doch über Projektoren laufen. Wilcox ist ein
begnadeter Geschichtenerzähler. Verlust und Erinnerung spielen dabei eine
wichtige Rolle. Was wurde aus Zar Nikolaus' Bulldogge? Was hat es mit den
Holzpuppen auf sich, die man in Japan "Kokeshi" nennt? Wo fand die erste
Protestaktion gegen das Oben-ohne-Verbot für Frauen statt? Wer Antworten
auf so wunderbar abgehobene Fragen sucht, darf sich diese Ausstellung
nicht entgehen lassen. (Bis 30. Mai, Eschenbachg. 9, Wien 1) Galerie Mezzanin: HüllenlosRichard Prince wurde in den Achtzigern als "Appropriation
Artist" bekannt, der mit Vorliebe Cowboys von Marlboro-Anzeigen
fotografierte. Auch der 20 Jahre jüngere Jonathan Monk greift in seiner
Kunst auf bereits vorhandene Bilder zurück, allerdings nicht aus der
Werbung, sondern aus Minimalismus und Konzeptkunst. Die Kuratorin Eva
Maria Stadler hatte nun die gute Idee, die beiden amerikanischen
"Wiederholer" für eine Schau zusammen zu bringen. Prince zeigt den
Fotozyklus "Upstate", der rund um sein schäbiges Wochenendhaus entstanden
ist. In früheren Serien hat Prince zur heruntergekommenen Landschaft noch
Biker und deren exhibitionistische Freundinnen festgehalten. Monk schien
an diese Pin Ups gedacht zu haben, als er selbst Nackte für die aktuelle
Schau fotografierte. Die als Diptychons präsentierten Bilder (4200 €)
stammen aus einem Heft von Helmut Newton. Als Wieder-Fotografien sollen
die Sujets ihre Aura einbüßen. Konzeptkunst mit nacktem Busen: Der
gewiefte Künstler fährt auf diese Weise den intellektuellen und den
voyeuristischen Mehrwert ein. (Bis 27. Mai, Getreidemarkt 14, Wien 1)
Nicole Scheyerer |
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