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Galerien in Wien: Malen im Regen, fern der Kunstmarkt-Hysterie

25.02.2009 | 18:27 | MANISHA JOTHADY (Die Presse)

Stephen Skidmore in der Galerie Winter: Nach 25 Jahren Plastikflaschen malt er jetzt „Rain Paintings“.

Wie entwickelt sich ein künstlerisches Werk? Auf welche Einflüsse reagiert es, auf welche Bruchlinien stößt es? Fragen wie diese drängen sich anlässlich der aktuellen Ausstellung von Stephen Skidmore in der Galerie Hubert Winter auf, wenngleich sie unbeantwortet bleiben.

Der Engländer, Jahrgang 1950, fertigt seine Malereien seit mehr als drei Jahrzehnten auf engstem Raum an. Bezeichnend für den Künstler ist, dass er oft jahrelang, ja manchmal über Dekaden, ein einziges Thema verfolgt. So schuf er seine „Plastic Bottle Paintings“ im Lauf von 25 Jahren. Das derartig lang anhaltende Interesse an einem so simplen Sujet mutet ebenso manisch wie meditativ an. Skidmore ist eindeutig kein Künstler, der seine Arbeitsweise dem rasanten Tempo, das der Markt Kunstproduzenten auferlegt, anpasst.

Obschon seine Arbeiten in den Achtziger- und Neunzigerjahren in einigen international beachteten Gruppenausstellungen gezeigt wurden, zog er stets das Schattendasein der Existenz im Rampenlicht vor. Dass er seine Arbeiten auf Charles Saatchis Online-Galerie vorstellt, die es Künstlern ermöglicht, Arbeiten ohne Galerievertretung zu verkaufen, mag daher nicht verwundern.

Auf die stilllebenartigen Flaschenporträts folgte der Zyklus „Late in the Afternoon“, Der Blick ist dabei ausschließlich auf die Beine der zur Metro hetzenden Passanten gerichtet und versinnbildlicht so die Anonymität des Einzelnen im Getriebe der Megacity. Zehn Jahre sollten von da an vergehen, bis der Künstler die nun bei Winter ausgestellte Serie der „Rain Paintings“ schuf (6000–18.000€). Die „gnadenlose Akkumulation von Bildern“ habe ihn zu einer Schaffenspause bewogen, heißt es im Pressetext.


Der Blick durchs Fenster, nicht mehr

Den von seinem Wohnschlafraum in West London entstandenen Bildern haftet wie den früheren Arbeiten eine stilistische Zeitlosigkeit an, wie sie eben nur im Abseits von gehypten Stils und Kunstmarkthysterien entstehen kann. Die Blicke auf die gegenüberliegenden Häuserfassaden, auf parkende Autos am Straßenrand, auf Bäume könnten unspektakulärer nicht sein.

Irgendwie fühlt man sich an Wayne Wangs Film „Smoke“ (1995) erinnert, in dem ein Tabakladenbesitzer täglich ein Foto von derselben Straßenansicht schießt, um zu sehen, wie die Zeit verstreicht und sich die Welt verändert. Der in Skidmores Serie alles dominierende Regen, mal Nieseln, mal heftiger Guss, bildet die Basis für verschiedene malerische Spielarten von klar erkennbaren Bildelementen bis hin zu motivisch verschwommenen Partien. Die Melancholie, die diese Bilder ausstrahlen, lässt einen unweigerlich an Skidmores Arbeitsweise denken, die das Klischee vom einsamen, weltabgewandten Künstler im Elfenbeinturm vollends bestätigt.

Bis 7.3., Breite Gasse 17, Wien 7, Dienstag bis Freitag 11–18 Uhr, Samstag 11–14 Uhr.


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