Kultur

Basel(w)itz in Wien

31.01.2007 | SN
HERBERT GIESE

Was soll man davon halten? Da fällt einem der reputierlicheren deutschen Maler der Gegenwart nichts anderes ein als die einstmals gemalten Bilder gleichsam noch einmal zu malen, das Ganze mit dem blauäugigen Satz verbrämt "Ich will testen, ob ich noch einmal schaffe, mich auf diese Höhen zu schwingen...", und eine offenbar nicht nur blau-, sondern auch kuhäugige Öffentlichkeit schluckt's, als wär's die höchste Offenbarung. Mehr noch: Eines der großen Schlachtschiffe des heimischen Kulturbetriebes, die Wiener Albertina, verkauft uns das als bedeutendes kulturelles Ereignis. Im Vorwort des prachtvollen Kataloges werden gar Rubens und Tizian bemüht, um eine Brücke zu schlagen zum jetzigen Tun des eifrigen Restelverwerters, und praktisch jeder nickt und ist hingerissen.

Jetzt wäre es nachgerade unsinnig, die Bedeutung GeorgBaselitz' als Vertreter der deutschen Moderne zu leugnen, diesen mitteldeutschen Großneffen der westeuropäischen "art brut", der mitbeteiligt war am künstlerischen Aufbruch der 60er und 70er Jahre. Und wir wollen auch jeden diesbezüglichen Verdacht von uns weisen (auch wenn es amüsant wäre, seine "Auf-den-Kopf-Stellerei" als Pflanz zu entlarven). Nur eines sollten wir nicht versäumen: Uns die Frage zu stellen, wie es zu solcher Bedeutungserhöhung kommen kann.

Ob an solchen Aufgeblasenheiten nicht unser Kulturbetrieb schuld ist? Der beinharte Ausstellungsmarkt und die Notwendigkeit, diesen Markt zu bedienen? Ein Markt, der Künstler wie Ausstellungsmacher gnadenlos unters Joch nimmt (unter das sie sich freilich selbst begeben haben) und der - einmal in Bewegung - nicht mehr zu stoppen ist.

Ist das wünschenswerte Ausstellungspolitik? Große Namen mit vielen Bildern (gleich welcher Qualität) einem verunsicherten Publikum vorzusetzen; gleichsam unter der Devise "Friss Vogel oder stirb"? Mit Hilfe einer nach Nachrichten bedürftigen Presse Ticket-Hehlerei zu betreiben, um die Nase vorn zu haben beim nächsten Jahresbericht? Wird damit der modernen Kunst gedient?

Herr Baselitz hat im Pressegespräch zu seiner Albertina-Ausstellung von der "Beschleunigung seines Werkes" gesprochen. Wir sollten andersrum denken und den lieben Gott oder wen immer um eine Verlangsamung bitten, und zwar um eine Verlangsamung unseres Kulturbetriebes. Dann hätten wir nämlich wieder Zeit, wirklich zu schauen, und Ausstellungen wie dieser Baselitz blieben uns erspart.E-mail: hg@gieseundschweiger.at

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