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Quer durch Galerien: Galerie in der Biberstraße

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Eine zwielichtige Oberweite

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Wenn eine Kommerzialratsgattin als Pornoqueen am Opernball erscheint und auf dementsprechend zwielichtige Weise von ihrer Oberweite Gebrauch macht, dann ist das künstlerische Freiheit. Freilich nicht ihre eigene, denn ihre Idee war es ja nicht. Vielmehr wurde sie von Tobias Hermeling dazu angestiftet, der seine Kommerzialratsgattinnen-Porno-Fantasien wiederum auch nur auf der Maler-Leinwand ausgelebt hat.
Sie beschränken sich im wesentlichen darauf, dass sich Frau Kommerzialrat offenbar das selbe Dekolletee wie eine Beschäftigte in der "hormonellen Filmindustrie" anfertigen lässt (das dann also doch kein Einzelstück ist, sondern gleich viermal am Ball der Bälle zugegen ist: Zwei Stück davon hat Dolly B. und die anderen zwei womöglich Agnes E. aus Klosterneuburg). Und besagtes Dekolletee hüpft ihr prompt aus dem Kleid. Wenn Tobias Hermeling in einer schriftlichen Anmerkung auf seinem Bild auch noch den Verdacht äußert, dass die Kinder eines Botschafters letztes Mal nur Duplikate gewesen wären, ist bei der Hüterin der Sachertorte und des Opernballs wohl endgültig der Ofen aus.
Hermeling nennt seine Stilrichtung (zu sehen bis 3. September in der Galerie in der Biberstraße 11) "Cosmopolitan Pop" (also so etwas wie weltoffene Populärkunst). Und da geht es drunter und drüber: Figuren irgendwo zwischen Comic-Helden und Karikaturen, Bilderschnipsel aus Zeitschriften (meist Damen, die sich an die Kleiderordnung halten, die während der Brunstzeit herrscht) und Textfetzen. Kurz: alles, was man finden würde, wenn man einem typischen Konsumenten, der fernsieht, in Magazinen blättert und einkaufen geht, das Hirn auspumpen würde. Da waren wohl wieder einmal die Augen größer als das Sehzentrum. Soll heißen: Die Bilder sind meist so dicht, dass man sie nicht auf einen Blick erfassen kann. Und sie treffen die Sehgewohnheiten der Zeit: so viel wie möglich auf einmal und so grell wie möglich. Das mag nicht neu sein, ist aber gut gemacht. Auch in seiner farblichen Dichte gelungen.
Sein poppiger Pinguin mit der Krone auf dem Kopf (möglicherweise die Südpolausgabe vom Froschkönig) ist dermaßen blau: Wenn man ihn küsst, dann kann ja nur Papa Schlumpf, Jörg Haider oder Harald Juhnke daraus werden. Apropos Juhnke, dem eingefleischte Mineralwassertrinker nachgesagt haben sollen, er hätte ja eh kein Problem mit der Promillegrenze (wenn beim Alkotest kulanzhalber der Blutgehalt in seinem Alkohol gemessen wird), aber Dracula sollte, wenn er bei ihm vorbeigeschaut hat, aus Gründen der Verkehrssicherheit trotzdem lieber mit dem Taxi heimfahren: Vom brillanten Schauspieler, Berliner Original und "Stehaufmännchen" hat Tobias Hermeling im Teamwork mit Andreas Reimann zwei blendende, fast schon liebevolle Porträts gemalt. Im Schriftgewirr rund um das realistisch wiedergegebene Gesicht: "Der Juhnke ist der Sinatra von der Spree." (Hermeling und Reimann sind offenbar beide keine eingefleischten Mineralwassertrinker. Das spricht für sie.)
Die Bilder von Eva Tauchen passen einfach perfekt zu Hermelings Arbeiten: Auch sie liegen im visuellen Vollrausch. Es geht hier so dichtgedrängt und üppig zu wie bei Delacroix' "Tod des Sardanapal", nur viel freundlicher. (Sardanapal soll ja eine Unmenge Frauenfleisch pro Quadratmeter in den Tod mitgenommen haben, ungeachtet dessen, dass der Tod ohnedies impotent macht.) Eva Tauchen, die ihre verspielte Obszönität in bunte Muster einbindet, montiert ganz gerne auch noch Lichterketten auf die Rückseite ihrer genussfreudigen Bilder. Wenn man so will: ein "psychedelischer Pop-Jugendstil nach Las-Vegas-Art".

Erschienen am: 25.08.2000

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