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"Das Stadtmuseum bleibt in der Stadt"

26.03.2010 | 18:45 | RAINER NOWAK (Die Presse)

Das Konzept für ein neues Wien-Museum steht. Erstmals nennt Kulturstadtrat Mailath-Pokorny mögliche Standorte: am liebsten Schweden-, Karlsplatz oder Gürtel.

WIEN. Ein neues Museum für Wien? Ein Neubau, am liebsten in zentraler Lage? Ein Millionen-Prestige-Projekt für eine Institution der Stadt? Moderne Architektur, die man weithin sehen soll? Im Wiener Wahlkampf? Kann nicht sein! Im Museumsquartier fiel der Leseturm auch ohne Urnengang.

Ist aber so. Bürgermeister Michael Häupl hat sich zum Bau entschlossen, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, dem seine politischen Gegner sonst nicht gerade Wagemut unterstellen, will das Projekt in der nächsten Legislaturperiode umsetzen: Die Stadt soll einen Neubau für ein Wien-Museum bekommen. Der Direktor des bestehenden Hauses am Karlsplatz, Wolfgang Kos, hat ein Konzept erarbeitet, mit dem Kulturstadtrat wurden und werden Stadtmuseen besucht – zuletzt etwa in Liverpool.

 

„Eine neue Landmark“

Mailath über das Konzept im „Presse“-Interview: „Wir haben die Chance, ein grundlegend neues museales Konzept zu realisieren, das in Modulen bestimmte Themen und nicht chronologisch die gesamte Geschichte behandelt.“

Der Kulturstadtrat legt sich auch fest, wenn es um die Form des Neubaus geht: „Wien braucht ein architektonisches Signal – eine Landmark.“ Ein klarer Hinweis für einen Neubau auf dem Gelände des Zentralbahnhofs oder etwa der Donauplatte? Mailath-Pokorny: „Nicht unbedingt. Solche Museen brauchen Laufkundschaft, vor allem Touristen.“ Beim Museum im Palais Liechtenstein etwa sehe man trotz einer der bedeutendsten Sammlungen der Welt Akzeptanzschwierigkeiten. Ein zentraler Standort wird daher bevorzugt. „Alles, was sich rund um den Gürtel abspielt, ist auch zentral und hochinteressantes Stadtentwicklungsgebiet – etwa vis-à-vis von der Hauptbücherei.“

Größter Vorteil eines solchen Standorts: Wien könnte wie andere Städte EU-Fördergelder für schwache Regionen in Anspruch nehmen. Und: „Es gibt natürlich nach wie vor die Donauplatte, die ist noch nicht aus dem Rennen.“

Die „bevorzugten Standorte“ sind laut Mailath-Pokorny: der Schwedenplatz bzw. der Morzinplatz und der Karlsplatz im Bereich der Kunsthallen-Dependance am Beginn des Naschmarkts. Kos soll den Karlsplatz favorisieren, Mailath-Pokorny und viele Kulturtreibende den Morzinplatz, wo einst das Gestapo-Hauptquartier Wiens stand. Im Museum würde dies in Erinnerung gerufen werden.

Mittlerweile ausgeschieden ist die Variante, das Museum beim Naschmarkt anzusiedeln – ein Bau über den U-Bahn-Tunnels und dem Wienfluss wäre mehr als schwierig, zudem wird das Gelände in den kommenden Jahren als Ausweichquartier während des Naschmarktumbaus gebraucht.

 

„Gegen Schönbrunn-Image“

Den Verantwortlichen schwebt ein sehr hohes beziehungsweise großes Haus vor. Immerhin will Mailath-Pokorny dort möglicherweise auch das Wien-eigene Stadtkino unterbringen. „Selbstverständlich“ müsse es auch einen entsprechenden Kino- und/oder Theatersaal geben, dazu kommen ein Besucherzentrum für Touristen und Einrichtungen für die Musikgeschichte der Stadt. Das „Haus der Musik“ auf der Seilerstätte sei zwar „gut untergebracht“, könnte aber mitübersiedeln. Notwendig sei eine musikalische Abteilung auf jeden Fall: Die Wienerliedszene könnte so eine Heimat bekommen.

Dass die Standortfrage schwierig werde, weiß jeder, der die Stadt kennt. Mailath-Pokorny meint dazu: Jeder mögliche Standort müsste erst einmal auf seine technischen und strukturellen Vor- und Nachteile untersucht werden. Wichtig sei, dass das „offizielle Wien in der Lage ist, einen zeitgenössischen Kulturbau anzugehen und damit dieses reine Schönbrunn- und Stephansdom-Image ein bisschen zu konterkarieren“.

Politisch wird die Diskussion wohl auch geführt werden: Ein möglicher Standort wurde vonseiten des Rathauses sofort ausgeschieden: Ein Überbauung des Eislaufvereins am Heumarkt wurde wegen des zu erwartenden Aufschreis des bürgerlichen Wiens ausgeschlossen. Vorerst.


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