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vom 02.10.2007 - Seite 021
"Die Tabakfabrik darf jetzt nicht verludern!"

Die menschliche Tragödie hinter der Schließung der Linzer Tabakfabrik ist unmittelbar an eine architektonische Diskussion geknüpft. Der Bau gilt schließlich als einzigartiges Industriedenkmal. Die OÖN sprachen dazu mit Günther Kleinhanns vom Bundesdenkmalamt.

Von Irene Gunnesch

"Diese Krise in eine Chance für die Kulturhauptstadt Linz zu wandeln!" - das sei nach Bewältigung der menschlichen Tragödien der vielen arbeitslos werdenden Menschen für den Linzer Architekten und Denkmalschützer Günther Kleinhanns nun eine dringliche Aufgabe im Zusammenhang mit der Schließung der Linzer Tabakfabrik.

"Da rennen Sie bei mir offene Türen ein!", sagte Kleinhanns etwa auf die OÖN-Frage, ob das Gebäude nicht für die animative Präsentation einer technischen Sammlung in der Art des Steyrer Museums Arbeitswelt geeignet wäre.

Bei möglichen Umwidmungen müsse nun zuerst um Adaptierungen angesucht werden. Die seien hier nur minimal möglich: "Das betrifft etwa Lifte oder behindertengerechte Zugänge." Der Bau ist in seiner Einzigartigkeit schließlich eng verwandt mit dem berühmten Bauhaus in Dessau. Und das ist sogar Teil des Weltkultur-erbes geworden.

Ob der Denkmalschutz der Tabakfabrik Ewigkeitsanspruch habe? "Ja! Unbedingt!", sagt der Mitarbeiter der oberösterreichischen Dependance des Bundesdenkmalamtes. Etwas ganz Besonderes sei nämlich die Fassadengestaltung, durch die außergewöhnlich helle Innenräume entstanden waren: "Diese langen Fensterbänder scheinen durch die vorgehängten Fassaden ja direkt zu schweben. Damals statisch höchst ungewöhnlich. So was hat's vorher noch nie gegeben."

Der Denkmalschutz bei der Tabakfabrik betreffe jedoch nicht nur das Äußere mit den vielen "künstlerischen Details", sondern auch die Innenräume: "Diese langen roten Klinkerfluchten! Überhaupt die Materialien, die Messinghandläufe, ebenso die Maschinenabfolgen, dann diese langen Werksräume mit ihren Produktionsstraßen."

Kleinhanns könne sich gut vorstellen, dass hier "UV-Beständiges" untergebracht werde. Auch die Vermittlung der Arbeit in der Tabakfabrik selbst: "Da ist ja auch sehr viel Feinmechanik und tradiertes menschliches Können drinnen, in so einer Zigaretterlproduktion." Manche Räume seien zudem groß genug, um in ihrer Mitte "dunkle Boxen" etwa für Monitore digitaler Medien zu schaffen. Auch für Schulräume eigne sich der Bau gut: "Die Kunst- oder Bruckneruni etwa!"

Das Wichtigste sei jetzt aber, dass man das Gebäude nicht verludern lasse: "Die Stadt Linz muss sofort einen Plan andenken, um das Gebäude über einen reinen Leerstand hinwegzuretten. Der Verfall beginnt ja sehr schnell: Das Heizsystem platzt, es wird eingebrochen, und die Katastrophe ist perfekt." Kleinhanns schlägt vor, für die Betreuung die jetzige Verwalterschaft weiter zu beschäftigen.

Auf die Frage, ob er selbst gern in diesem Gebäude arbeiten würde, sagt Kleinhanns: "Jederzeit, sofort! So hell, so zentral gelegen! Ideal für mich als ein Denkmalschützer, der ich oft stante pede ausreiten muss!"

Dieses Industriedenkmal gilt es zu bewahren: Die Linzer Tabakfabrik mit ihrem markanten Fensterband gilt als einzigartiges architektonisches Kleinod. Foto: Hamberger


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