Salzburger Nachrichten am 2. Dezember 2006 - Bereich: Kultur
Zwischen Erde und Himmel

Erste Besucher im Salzburger "Himmelsraum" von James Turrell berichten von sonderbaren Eindrücken: Es ist, als ob der Raum sich um den Betrachter saugt. HEDWIG KAINBERGER

Hedwig Kainberger Salzburg (SN). Die Stadt Salzburg hat eine neue Wunderkammer: Neben dem Museum der Moderne auf dem Mönchsberg steht ein turmähnliches Gebilde mit offenem Dach, ummantelt mit Konglomerat, an dessen Innenwänden ein Lichtspiel inszeniert ist. Gestaltet hat es der US-amerikanische Lichtkünstler James Turrell im Auftrag der Salzburg Foundation. Am Freitagnachmittag wurde das neue Kunstwerk - eine Symbiose von Skulptur, Architektur und Malerei - vor Journalisten präsentiert. Morgen, Sonntag, um 10.30 Uhr wird es eröffnet.

Wer schnell hineinschaut und ein spektakuläres, in aller Eile wahrzunehmendes Event erwartet, dürfte enttäuscht werden. Turrells "Sky space" (Himmelsraum) erfordert zumindest einige stille Minuten, um ein Staunen auszulösen. Wer sich des Abends hineinbegibt und hinaufblickt, nimmt - anders als draußen - nicht den unendlichen Himmelsraum wahr, sondern sieht eine schwarze Fläche. Diese wirkt wie ein Samtfleck oder wie eine Scheibe, die unter einem weißen Dach schwebt. Erste Besucher berichten auch vom Gefühl, dass Boden und Dach nach einigen Minuten des Schauens so wirken, als wären sie nicht horizontal, sondern abfallend.

Auch am Tag wirkt das Loch im Himmel eher wie eine gemalte Fläche oder Kuppel aus mattem Glas als wie ein Blick in die ewige Weite des Himmels. Der "Sky space" erinnert mit seiner elliptischen Form und dem Licht von oben an barocke Kirchen, wie sie Fischer von Erlach in Salzburg gebaut hat: die Ellipse in der Dreifaltigkeitskirche, das Licht aus Laternen in Seitenkapellen der Kollegienkirche.

Der Eindruck von Sinnestäuschung (im Barock Trompe l'œil genannt) wird mit dem Lichtspiel verstärkt, das James Turrell an den Wänden inszeniert hat und mit dem sich die Farbe des Himmels verändert. Erste Besucher fanden eigenartige Formulierungen für das, was sie im "Sky space" erlebt haben: Ein Gefühl, als rinne der Himmel in den Raum herunter, als sauge sich der Raum um den Betrachter, als gingen die Grenzen des Raumes in einem Bad aus Licht und Farbe auf.

Mit dem "Sky space" hat die Salzburg Foundation ihr fünftes Kunstwerk im öffentlichen Raum der Stadt Salzburg realisiert. Damit ist die Halbzeit dieses auf zehn Jahre angelegten Projekts erreicht. Alle Kunstwerke seien ohne einen Cent Steuergeld finanziert, versichern der Präsident der Salzburg Foundation, Karl Gollegger, und der künstlerische Leiter, Walter Smerling. Nach Angaben Golleggers kostet der "Sky space" etwa 350.000 Euro. Zur Errichtung sind nur Salzburger Firmen beauftragt worden. Wichtigste Mäzene sind die Crédit Suisse sowie Erich Schumann von der WAZ-Mediengruppe. Um Turrells Kunstwerk zu finanzieren, wurden zudem 44 kleine Steinmodelle um je 10.000 Euro an private Sammler verkauft; für weitere sechs werden noch Abnehmer gesucht.