Revolutionär populär

"In Werken wie diesem überwindet Dürer einmal mehr das Mittelalter und erweist sich als Bahnbrecher der neuzeitlichen Renaissance", so Klaus Albrecht.


"Es geht ihm ausgezeichnet, weil er sich unter den besten klimatischen Bedingungen in einem Tiefspeicher im Hochsicherheitstrakt befindet. Und es geht ihm nicht zuletzt auch deshalb sehr gut, weil er aufgrund seiner Berühmtheit schon seit 1502 immer eine Sonderbehandlung erfahren hat", erklärt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder zu dem "Jubilar" des Jahres - dem Feldhasen Albrecht Dürers, der heuer seinen 500. Geburtstag hat.

"In hervorragendem Zustand"

"Es gibt z.B. aus dem 16. Jahrhundert 80 Kopien, bis zum 19. Jahrhundert existieren Hunderte Nachahmungen, die alle schlecht erhalten sind. Das Original von Albrecht Dürer hat kaum Lichtschäden und ist in einem hervorragenden Zustand. Wir werden alles unternehmen, dass es auch die nächsten 500 Jahre so bleibt", stellt der Albertina-Direktor fest.

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Der "Feldhase" Dürers zähle zweifelsohne zu den Ikonen der Kunstgeschichte wie die "Betenden Hände" und er hat die Albertina als Museum noch nie verlassen. "Er wurde auch bei der großen Ausstellung, die die Republik Österreich aus Dankbarkeit gegenüber den Amerikanern für die Befreiung von den Nazis in Washington veranstaltete, nicht weggeschickt. Einer Leihgabe dieses Kunstwerks würde ich nur zustimmen, wenn alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen sind und wenn es im Interesse der Albertina läge", so Schröder.

Erstmals wieder 2003 zu sehen

Der kostbare Jubilar aus dem Tierreich, vom Meister aus Nürnberg selbst mit dem berühmten Monogramm AD und mit der Datierung 1502 versehen, wird im kommenden Jahr öffentlich ausgestellt: dann wird er - nach 30 Jahren - erstmals wieder in einer großen Albrecht-Dürer-Retrospektive in der Albertina zu sehen sein.

Ein Hauptwerk der Albertina

Das Kunstwerk des Nürnberger Meisters zählt zu den Hauptwerken der berühmten Wiener Sammlung. Diese Schätze können aber aufgrund ihrer Empfindlichkeit auch nicht im Studiensaal gezeigt werden.

"Die Werke sind darüber hinaus so lichtempfindlich, dass sie nur selten und wenn, dann nur kurz, gezeigt werden können", erklärt Schröder. Daher ist dieses Dürer-Meisterwerk auch nicht bei der derzeit stattfindenden US-Tournee "Meisterwerke aus der Albertina. Von der Renaissance zum Rokoko" vertreten.

Rührende Sanftmut

Was macht den "Feldhasen", der zu den bekanntesten Kunstwerken der Welt zählt, so populär? Generationen von Kunsthistorikern haben die "rührende Sanftmut des kauernden Tieres" beschrieben.

Tatsächlich lässt der Blick des Hasen zunächst darauf schließen und die illusionistische Wirkung von Dürers Malweise den Betrachter das weiche Fell und den zarten Knochenbau des Feldhasen fast körperhaft spüren.

Beispiel für künstlerische Haltung

Darüber hinaus ist diese Arbeit Dürers aber auch eines der frühesten Beispiele für eine künstlerische Haltung, der das Alltägliche, ein niedriges Tier wie der Hase - nicht etwa der Macht und Kraft symbolisierende Löwe - bildwürdig geworden ist.

"Dürer hat mit dem Feldhasen etwas Revolutionäres geschaffen: die unvoreingenommene und mit wissenschaftlicher Genauigkeit verfolgte Wiedergabe der Natur, was eine große, wissenschaftlich anmutende Distanz des Künstlers zum Gegenstand seiner Betrachtung voraussetzt. Zugleich hat Albrecht Dürer den Hasen gleichsam mitfühlend beseelt. Dürers Hase ist kein Stillleben und kein totes Ding, sondern ein Lebewesen aus Fleisch und Blut", erläutert Direktor Schröder.

Wahrscheinlich lebendes Hasen-Modell

Die naturgetreue Anfertigung von Tierpräparaten war zur Zeit Dürers noch nicht möglich. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass der Künstler den Feldhasen in seinem Arbeitszimmer nach lebendem Modell gemalt hat. Hinweise dafür sind die sitzende Ruhehaltung des Tieres mit erhobenem Kopf und aufgerichteten Löffeln. In der Pupille des Tieres spiegelt sich das Fenster von Dürers Atelier wider.

Keine Zweifel an Authentizität

Von Dürers "Feldhasen" existieren bereits aus dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts nicht weniger als ein Dutzend Kopien.

An der Authentizität des Dürerschen Feldhasen der Albertina bestanden nie Zweifel. Der Weg des Kunstwerkes lässt sich bis in die Nürnberger Werkstatt des Meisters zurück verfolgen.

Der Weg des Hasen

Nach dem Tod Albrecht Dürers gelangte der "Feldhase" in die Sammlung des Kaufmanns und Dürer-Sammlers Willibald Imhoff. Kaiser Rudolf II. erwarb das Bild 1588 von Imhoffs Erben und brachte es nach Prag.

Nach dem Tod Rudolf II. wurde das Bild zunächst in der Wiener Kunstkammer und schließlich in der Schatzkammer aufbewahrt. 1796 schenkte Kaiser Franz II. das Kunstwerk dem Gründer der Albertina, Albert Herzog von Sachsen Teschen, für dessen damals schon berühmte Sammlung.

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