Das Wiener Mumok zeigt die Schau der
Lichtkünstlerin Brigitte Kowanz "Now I See"
Die Dynamik des Lichts in barocken Spiegelsälen
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Brigitte Kowanz’ "Morsealphabet", 1998/2005. Foto: Brigitte Kowanz
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Von Brigitte
Borchhardt-Birbaumer
Sogar der
Katalog zur Schau hat ein Cover, das Licht als Muster in seine
Spektralfarben zerlegt: Brigitte Kowanz, 1957 in Wien geboren, bewegt
die Kunst um das Licht. Als Fortsetzerin des Kinetismus, der Minimal-Art
und Konzeptkunst bekommt sie nach dem großen Staatspreis 2009 nun in
der Reihe mit Heimo Zobernig, Gerwald Rockenschaub, Peter Kogler und
Erwin Wurm ihre erste große Personale "Now I See" im Museum moderner
Kunst.
Dabei hat sie mit den Kuratoren einen Spiegelraum in der
Eingangsebene installiert, der ihre Kunst aus der Gegenwart in der
Betrachterwirkung zurück bis in die Spiegelsäle der Barockzeit
katapultiert. Vielleicht nicht von Ungefähr, denn ihre letzte
Intervention im Marmorsaal des Belvedere replizierte auf die Falte als
Signum dieser Epoche, zugeschrieben von Philosoph Gilles Deleuze.
Schwerelos und virtuell
Womit sich eine weitere Ebene in Sachen Licht und Brigitte Kowanz
eröffnet. Sie arbeitet parallel zu zeitgenössischer Theorie – neben
Deleuze sind Virilio und Liotard zu nennen – und setzt neben Licht,
Spiegel, Glas und Neonröhren Sprache, Zeichen und symbolische Formen
ein. Mit ihren Zahlen- und Textanordnungen, Morsezeichen und konzeptuell
gefalteten Lichtröhren vereinen sich Realitäten und Virtualitäten. Die
Dynamik des Lichtes verweist immer auf das Grenzenlose, Ephemere als
nach wie vor aktuelles Thema der Gegenwart an der Schwelle von der
klassischen in die Nachmoderne.
Kowanz arbeitete früh mit Franz Graf zusammen und war schon 1991 in
der legendären Festwochenausstellung "Bildlicht. Malerei zwischen
Material und Immaterialität" von Wolfgang Drechsler und Peter Weibel mit
einem Werk neben Klassikern wie Dan Flavin oder Frank Stella vertreten.
Letzterer prägte den Slogan der Minimal-Art "What you see is what you
see" – Rainer Fuchs wandelt das bei Kowanz um in: "What you see is that
you see". 1997 wurde sie Professorin für Transmediale Kunst an der
Universität für Angewandte Kunst, wo sie auch studiert hatte.
Die Interaktivität mit dem Betrachter und die Erweiterung des Bildes
von der Leinwand zum Raumobjekt und in die Installation im Öffentlichen
Raum vermittelte ihr unter anderen Helga Philipp, Pionierin auf dem
Gebiet des "Konkreten" und der Op-Art im dafür nur literarisch
aufgeschlossenen Nachkriegsösterreich, das sich künstlerisch im
Expressiven des Tachismus verortete.
Licht und Schatten
Von dieser Herkunft ist die Position, die Kowanz von der Malerei in
die Installation und Lichtkunst führte, auch eine widerständige gegen
damals festgeschriebene Kunsturteile gewesen. Ihre konsequente und
präzise Wendung nach außen in Felder der Wahrnehmung, weg von den
psychologischen und körperbezogenen Befindlichkeiten feministischer
Prägung, hat sich nach Jahrzehnten als weitsichtig herausgestellt oder
anders gesagt, so hellsichtig erwiesen wie schon bei Philipp. Neben zwei
Ebenen im Museum, in denen auch der Schatten nicht zu kurz kommt, wird
die Mumok-Fassade und der Uniqa-Tower gegenüber der Urania bespielt. Der
dort blinkende Titel zwischen objektiver Analyse und subjektiver
Poesie, "Now I See", gilt für die Künstlerin und alle Besucher, die sich
mit Endlosspiegelung ins Licht gerückt erkennen oder auch vor sich
flüchten, wie das Licht die Architektur verflüchtigt.
Ausstellung
Brigitte Kowanz: Now I See
Edelbert Köb und
Rainer Fuchs (Kuratoren)
Museum moderner Kunst
bis 13.
Oktober 2010
Printausgabe vom Freitag, 25. Juni 2010
Online
seit: Donnerstag, 24. Juni 2010 18:24:00
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