text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
16. Jänner 2009
17:00 MEZ

wikipedia.org/wiki/Andrew_Wyeth

Ausführlicher Nachruf, mit 140+ Postings:
Andrew Wyeth, Painter, Dies at 91 (New York Times, 16.1.2009)

 

Andrew Wyeth, 1977


"Christina's World"


Wyeth und "Helga"-Porträt bei der Ausstellung in der National Gallery in Washington, 1987


Wyeth 1964 vor seinem Haus in Chadds Ford


Andrew Wyeth 91-jährig gestorben
Verwurzelt in Pennsylvania: Der US-Maler war einer der produktivsten und prominentesten Künstler seines Landes

New York - Andrew Wyeth, einer der produktivsten und prominentesten Künstler Amerikas, ein strikter Verfechter einer gegenständlichen und regionalistischen Malereiauffassung, starb 91-jährig in seinem Haus in Philadelphia (US-Bundesstaat Pennsylvania), teilte ein Sprecher des Brandywine River Museums am Freitag mit.

Der Maler hatte seit 1948 als geheimnisvoll gegolten, als "Christina's World" entstand, eine amerikanische Ikone: Ein Mädchen am unteren Bildrand von hinten zeigend, das über eine endlos scheinende Wiese hinweg auf ein ganz oben abgebildetes Haus sah. Das Bild hängt seit langem im Museum of Modern Art in New York. Es gilt als eines der berühmtesten und rätselhaftesten Kunstwerke dieses Jahrhunderts: Wer ist diese Christina, sehnt sie sich zurück, will sie fliehen? Welche Beziehung gab es zwischen Maler und Modell?

"Andrew Wyeth: Ein geheimes Leben" hieß eine Biografie von Richard Merymen, die anlässlich des 80. Geburtstag des Malers erschienen ist. Obwohl der Autor seit Jahrzehnten mit dem Maler und dessen Frau Betsy befreundet war und intensive Gespräche mit ihnen für sein Buch geführt hatte, war die Veröffentlichung schwierig: Sie riss alte Ehe-Wunden wieder auf, und Wyeth hätte sie am liebsten verhindert.

Privatmythologien

Denn seine Bilder verrieten immer seine Geheimnisse - seine oft intimen Beziehungen zu seinen Modellen vor allem, die er meist in der Nachbarschaft fand. Im ländlichen Chadds Ford in Pennsylvania und in der weiteren Umgebung hatte Wyeth Frauen, Mädchen, Ehepaare, Kinder in ihrer angestammten Umgebung immer wieder gemalt.

Die fast endlose Serie der "Helga"-Porträts, die von 1972 an in fast eineinhalb Jahrzehnten entstanden, hielt er bis zur Veröffentlichung Ende der 1980er Jahre auch vor seiner Frau geheim. Es gab dann, als "Time" und "Newsweek" Titelgeschichten darüber brachten, eine schwere Ehekrise: Betsy hatte so wenig wie die meisten unbefangenen Betrachter Zweifel daran, dass die Zeichnungen, Radierungen, Ölgemälde eine lange erotische Beziehung dokumentierten.

Das wurde nicht nur deutlich, wenn die Wyeth-Nachbarin Helga Testorp als Akt oder schlafend abgebildet war, sondern auch an vielen liebevollen Details, wenn sie bekleidet und ganz zurückhaltend wirkte. 38 Jahre alt war sie, als das Verhältnis zwischen Maler und Modell begann. Beim Beginn der weltweit aufsehenerregenden Ausstellungen der Serie wurde nur ihr Vorname preisgegeben. Erst nach langer Zeit nannte Wyeth "Liebe" als Motiv für die Bilder. Helga Testorp äußerte sich in der Öffentlichkeit nie.

Wyeth bevorzugte Aquarell- und Temperamalerei. Jedenfalls hat es immer wieder Kritiker gegeben, die ihn als "reinen Illustrator" abgetan haben. Im interpretationsfreudigen Feuilleton wurde eben jemand, der bis zum Ende des Jahrhunderts die gefeierte Abstraktion für eine "langweilige Übergangsperiode der Kunst" hielt, nicht leicht populär. Er wollte am Ende von der ganzen Kunstkritik nichts mehr wissen: "Ich lasse nicht zu, dass sie meine alten Tage ruinieren", sagte er. (APA/dpa)

 

Diesen Artikel auf http://derStandard.at lesen.

© 2009 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.