Gut gespuckt, Zombie!
(cai) Es soll ja Leute geben, die müssen sich den Western "Hängt ihn höher" nicht einmal anschauen. Die kriegen schon vom Titel
Halsweh. Das sind dieselben, die es bei bloßer Nennung des Namens
Jean-Henri Fabre überall juckt. Vorausgesetzt natürlich, sie wissen,
dass das ein Entomologe war. Ein Insektenvoyeur. Sein Stiefenkel, Jan
Fabre, ist mit diesen rührigen Viecherln auch aufs Intimste per du,
woraus folgt: Überempfindliche Personen, die also am
Prinzessin-auf-der-Erbse-Syndrom leiden, könnten, wenn sie seine
insektenfreundliche Ausstellung in der Galerie Mauroner besuchen, das
dringende Bedürfnis verspüren, sich zu kratzen. Oder sie müssen
alleweil imaginäres Ungeziefer zertreten.
Da gibt’s nämlich einen Insektenfriedhof. Gut, der Fabre hat bloß
prominenten Kulturmenschen Kosenamen aus dem Reich der Krabbelnden
gegeben und damit Grabsteine beschriftet (die jetzt drunter und drüber
liegen wie die Eisschollen in Caspar David Friedrichs Eismeer). Keine
Ahnung, warum Freud eine Krabbenspinne ist. Fabre selbst (der
Mistkäfer) erhebt sich (als Silikonabguss) über diese
postmortalromantische Szene. Und in einem Anflug von
sadomasochistischem Nekrophil-Narzissmus himmelt er nicht, als Untoter,
sein Spiegelbild im schwarzen Granit an, sondern spuckt auf sein
eigenes Grab. (Leider war dieser Grabbewässerungsmechanismus grad außer
Betrieb, als ich da war.) Ein Unsterblichkeitsritual? Oder outet er
sich vielmehr als Zombie?
Warum posthume, ausgestopfte Straßenköter daneben ein makabres
Gschnas feiern, weiß ich zwar auch nicht (und was es dabei mit der
Butter auf sich hat – wahrscheinlich hat der Fabre halt ein barockes
Gemüt und deshalb ein Faible für Allegorien), aber man
bekommt immer eine perfekte Show geliefert. Professionell in Szene
gesetztes Pathos. Und die detailverliebten Modelle von fiktiven
Labor-Ateliers des Künstlers, der wie Dr. Frankenstein das Mysterium
des Lebens erforscht, sind sowieso wau (auf Englisch: wow!).
Galerie Mauroner
(Weihburggasse 26)
Jan Fabre
Bis 10. November
Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Ein Entertainer.
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Der mit der Eile weilt
(cai) Eine Notiz mit dem nicht unbedingt weltbewegenden Inhalt
"Doing boing" macht vielleicht nicht Karriere als Weltliteratur und
verhilft dem Verfasser auch nicht zu einer Nobelpreisnominierung, aber
ein Gemälde kann durchaus noch daraus werden. Ach, weil die Kunst
weniger wählerisch ist als das Nobelpreiskomitee? Möglich. Stefan
Sandner jedenfalls bläst Spickzettel und andere unscheinbare
Aufzeichnungen auf heroisches Format auf. Auf bis zu sechs
Quadratmeter! "Schriftbild", das nimmt er eben wörtlich und überträgt
das flüchtig Hingekritzelte gewissenhaft auf die Leinwand. Als Kopist,
der seine eigenen Pinselaffekte unterdrückt. Ein Paradox. Fast so, als
würde jemand ein ekstatisches Action Painting in altmeisterlicher
Manier abmalen. Ein Gefühlsausbruch in Zeitlupe sozusagen. Ist bestimmt
was Konzeptuelles. Da will einer dahinterkommen, was die Handschrift
des Künstlers wirklich bedeutet.
Galerie Grita Insam
(An der Hülben 3)
Stefan Sandner
Bis 10. November
Di. bis Fr. 12 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Gibt zu denken.
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Metaphysik im Tunnel
(cai) Aha, es brennt noch: das Licht am Ende des Tunnels. Obwohl:
Mir sind die Bilder von Svenja Deininger ja ein bissl zu
"metaphysisch". Und als ob ein großes numinoses Auge, das über der
Landschaft schwebt, nicht gereicht hätte, müssen auch noch dauernd
diverse Hände irgendwelche Zeichen geben. Der einzige mildernde Umstand
ist die malerische Gschmackigkeit, mit der Deininger die Gegensätze
zusammenzwingt. Der süffige Realismus hat da ein Gspusi mit der kühlen
Geometrie, was ziemlich erotisch ist.
Layr Wuestenhagen
(An der Hülben 2)
Svenja Deininger
Bis 31. Oktober
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Zwiespältig.
Mittwoch, 24. Oktober 2007