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18.01.2007 - Kultur&Medien / Ausstellung
Galerien In Wien: Die heilige Jungfrau im Fußball-Leiberl
VON MANISHA JOTHADY
Theater-Wilder Karl Welunschek ist jetzt Galerist: "partisan.cc" beginnt mit "Blitzkrieg" - mit Gewalt, Krankheit und Fußball.

Abseits der konventionellen Museums- und Galerienszene hat sich in Wien in den letzten Jahren eine Reihe alternativer Initiativen, mitunter ohne festen Standort, etabliert. Unter dem Label partisan.cc werden nun der aus der Theaterszene bekannte Karl Welunschek und Georg Fresacher (er kommt aus der Wirtschaft) aktiv. Einer nomadischen Ausstellungspraxis folgend, planen sie, verschiedene Standorte in Wien mit noch wenig etablierten Positionen zu bespielen. Auch an Kooperationen über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus denken sie.

"Blitzkrieg" heißt ihre erste Aktivität. Das Motto soll für die Initiatoren ihren Arbeitsprozess widerspiegeln: Quasi blitzartig, relativ kurzfristig wurde die Idee entwickelt. Für ihre Kunstattacke mit Arbeiten der Österreicher TOMAK, Gerhard Fresacher und Ronald Zechner konnten sie die Räume einer ehemaligen Bilderrahmenhandlung gewinnen.

Spontanes Agieren, Gewalt, Krieg sind denn auch Leitfäden, die das Ausgestellte zusammenhalten. So fertigt Fresacher seine Ölbildcollagen und Installationen immer erst kurz vor Ausstellungsbeginn an. Im art-brut-artigen Duktus, in Leinwandarbeiten wie "Trooper", verweist er auf Kolonialismus und Ausbeute. An Action Painting erinnert der ungebändigte, expressive Gestus, für den der Künstler durchaus auch zur Spraydose mit neonfarbenem Inhalt greift.

Ausgehend von Textfragmenten aus Ernst Jüngers Tagebuchnotizen "In Stahlgewittern", zeigt TOMAK im dafür prädestinierten Kellergewölbe düstere Malereien und Grafiken, u. a. mit Motiven von Hautkrankheiten oder physischen Abnormitäten aus medizinischen Lehrbüchern versehen. Auch eine Toninstallation gehört zum verstörenden, traumatischen Setting.

Ronald Zechner ortet Militärisches wie Taktik und Angriff im Fußball. "Bosman-Urteil" heißen seine Digitalprints auf Leinwand, die ein Mädchen im Fußballdress in einer traumwandelnden Szenerie zeigen. Der Titel bezieht sich auf die Regelung des Europäischen Gerichtshofs von 1995, in der die Ausländerbeschränkung in den Mannschaftssportarten für nichtig erklärt wurde. Grund zum Schmunzeln gibt es in dieser Schau dennoch: Etwa, wenn Zechner der heiligen Jungfrau ein Fußball-Leiberl anzieht. Ein Seitenhieb auf die Transzendenz-Erfahrungen so mancher Spitzensportler?

Bis 9. 2., Zimmermanngasse 8, Wien 9

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