Eine Frage der Zeit

Thomas Struths Museumsfotografien im Vergleich mit Candida Höfers Interieurs.


Der 49-jährige weltberühmte Fotograf studierte in den 70er Jahren bei Gerhard Richter und Hilla und Bernd Becher an der Düsseldorfer Akademie.

Crosby Street, New York, 1978
Crosby Street, New York, 1978

1978 ging er nach New York, um dort Straßenzüge wie die Crosby Street und andere heruntergekommene Viertel abzulichten.

Gemalte Fotografien

Die meist in schwarz-weiß gehaltenen Fotos sind streng achsial komponiert, Fluchten tun sich auf, Einblicke unter Brücken werden gegeben. Am Ende mancher Häuserfluchten erkennt man Sehenswürdigkeiten.

Museen und Menschen

Berühmt wurde Struth aber mit seinen Museumsfotografien. Ähnlich wie seine deutsche Künstlerkollegin Candida Höfer, fotografierte er Interieurs der feineren Art.

Auch hier wird peinlich auf kompositorische Ausgewogenheit, strukturelle Ordnung und Harmonie, sowie auf die nun eingesetzte Farbe geachtet. Struth beschränkt sich bei seinen Aufnahmen auf Säle großer Kunstmuseen wie des Musée d´Orsay, des Louvre und des Kunsthistorischen Museums.


Bild im Bild

Bei Candida Höfers Bildern sind Menschen fast immer abwesend, während in Struths Interieurs Gruppen regungslos schauender Menschen vor Gemälden und Altären anzutreffen sind.

Bei beiden ist die Kamera meist von einem erhöhten Punkt an der Peripherie des Raums installiert. Dadurch bleibt der Blick auf das Kunstwerk unverstellt. Fast immer ist der Abschluss der Wand mit den Kanten der Fotografie identisch.

Keine Geschichten

Es gibt keine Narration in den Bildern der beiden Künstler. Struth lässt in seinen Fotos einen stillen Dialog zwischen den schauenden Abgebildeten und den seit Jahrhunderten auf die Leinwand gebannten Figuren entstehen. Ob es sich dabei um Theodore Géricaults "Raub der Medusa" oder um "La Grande Jatte" von George Seurat handelt.

Meta-Zeit

Struths fotografierte Räume geben immer wieder Hinweise auf die Zeit. Museen konservieren nicht nur Exponate, sondern auch Geschichte. In Struths Museumssälen dehnt die Zeit sich zwischen Wänden, Dingen und Figuren unendlich aus. Es scheint, als würde der Betrachter von Struths Fotografien eine Meta-Zeit zwischen Vergangenheit und Gegenwart erleben.

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