Quer durch Galerien
Sind Märchen Psychoterror?
Von Claudia Aigner
Böse Passivraucherzungen könnten ja behaupten, dass man schon
allein mit den Raucherlungen der Wiener die ganze Südosttangente teeren
kann. In den neueren Bildern von TeER (wie: "Südosttangente") rauchen
ebenfalls alle: Eine Pyromanin (schon aus beruflichen Gründen), eine
Kettenraucherin (wegen der Glaubwürdigkeit) und sogar Adam und Eva (ein
Gag). Trotzdem ist TeER nicht zwangsläufig einer von jenen
"Selbstmordattentätern", die, im karzinogensten Sinne, in der Gegend
"herumkrebsen" und den nicht rauchenden Teil der Menschheit auf Raten in
den Lungenkrebs mitreißen. Bietet man ihm eine Zigarette an, sagt er oft
nur: "Nein danke, ich hab heut schon so viele Zigaretten gemalt." Seine
nikotinsüchtigen Bilder (bis 17. November in der IG Bildende Kunst,
Gumpendorfer Straße 10) haben die frische Unzweideutigkeit von Comics (ist
ja nichts Schlechtes). Nicht zuletzt ist TeER ja ein Comiczeichner. Seine
"Spit-City" mag zwar keine Weltliteratur sein, hat aber interessant
makabre und desolat humorige Züge. Das Metier der Heldin Sally ist da
quasi die Schaffung von neuem Bauland. Sie jagt nämlich aus Liebe zur
Menschheit die verkommene Welt in die Luft (na ja: bloß ein Haus). Und
"peng!" ist verdolmetscht "Penis!" (ein freudianisches
Erschießungskommando). Der Grund, warum man unbedingt vorbeischauen
sollte, ist aber John Brattins auf uralt getrimmter Schauermärchenfilm
"The Season of Sadness". Die Verfilmung einer Winterdepression mit
zwischendurch eingestreuten Panikattacken. In einer Art Lebkuchenhaus in
einer saukalten Psychoterrorwelt (wobei manche die Märchen der Gebrüder
Grimm an sich schon als Psychoterror ansehen) wird ein Schwermütiger von
einer Mischung aus Knusperhexe und Dr. Caligari heimgesucht. Eine
eindringliche Metapher für die Einsamkeit ist die Christbaumkugel, die
zerbricht und im Schnee verblutet (wo doch Weihnachten eigentlich die
kuscheligste Zeit im Jahr ist). Wenn der Werner Schrödl (bis 17.
November in der Galerie Lang, Seilerstätte 16) mit dem Fotoapparat "malt",
dann tunkt er zwar nicht sein Objektiv in Ölfarbe ein. Aber seine Modelle
halten still, als würden sie einem Maler bis zum Muskelkrampf Modell
stehen. Isabella, die gerade versucht, einen Liter Milch in einem
Achtelliterglas unterzubringen, denkt sich vielleicht ohnedies, während
das Glas schon lange überläuft: "Wann drückst denn endlich ab?" Diese
kleinen Irritationen sind ja gerade der besondere Reiz an diesen perfekt
komponierten und perfekt beleuchteten "Gemälden". Van Gogh hat sich
nicht an der Spindel der 13. Fee gestochen. Macht aber nichts. Jonathan
Meese (bis 17. November in der Galerie Krinzinger, Seilerstätte 16) hat
trotzdem ein Van-Gogh-Selbstbildnis mit Spindel ("das Verwundetste")
fabriziert. Provokationsperformer und Maler Meese wirft mit billigen
Wortspielereien ("Djangott" geht ja noch) und mit Kultfiguren um sich. Da
"versumpfen" dann Hagen von Tronje, Richard Wagner usw. in seinem
Farbschlamm. Und seine "Djangomaschine" steht wohl Franco Neros
Massenmord- und Massennotwehr-Gewehr nahe. Also mich beeindruckt er nicht.
Erschienen am: 09.11.2001 |
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