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Kunstberichte
Das Kunstforum wechselt von der Freyung in die nahe Seitzergasse – Bank bleibt Financier

Kleinod im noblen Planspiel

Schönes, neues Kunstforum: Die Ausstellungshalle als Mosaikstück in Benkos Bauplänen. Foto: Signa Holding

Schönes, neues Kunstforum: Die Ausstellungshalle als Mosaikstück in Benkos Bauplänen. Foto: Signa Holding

Aufzählung Bank Austria Kunstforum übersiedelt in ein anderes Gebäude von Investor René Benko.
Aufzählung Der Unternehmer sieht die Ausstellungshalle als hochwertige Ergänzung für ein "Luxus-Quartier".

Wien. (irr) Undank ist der Welten Lohn. Da verkünden zwei Wirtschaftsbosse die frohe Botschaft, dass die Zukunft des Bank Austria Kunstforums gesichert ist – und zwar an einem neuen Standort in der City, von beiden Firmen mit "sozialer Verantwortung" gefördert. Doch schon prasseln die kritischen Journalistenfragen auf sie ein: Ob die neue Ausstellungsfläche geringer ist? Ob das Kunstforum nicht eines Tages doch aufgelassen werden könnte? Und wer da eigentlich was bezahlt?

Aufzählung Kommentar: Des Sponsors Mehrwert

Ganz unberechtigt ist die Skepsis nicht. Seit im Vorjahr bekannt wurde, dass die Liegenschaft an der Freyung den Besitzer wechselt, kursierten Gerüchte über das nahe Ende oder eine ausgedünnte Fortsetzung an anderem Ort.

Von einem Niedergang könne nicht die Rede sein, versichern nun Bankenboss Willibald Cernko und Immobilien-Investor René Benko. Das Kunstforum, bis März 2011 am derzeitigen Standort, wird im folgenden Herbst in der Seitzergasse, Ecke Steindlgasse, aufsperren – und dort mit 1000 Quadratmetern ungefähr die gleiche Ausstellungsfläche besitzen.

"Verpflichtungen einhalten"

Benkos Signa Holding war es bereits, die den Standort bei der Freyung gekauft hat. Sie wird nun die neuen Räumlichkeiten gratis zur Verfügung stellen. Die Bank Austria wiederum kommt weiterhin für die Kosten des laufenden Betriebs auf. Wie dieser im Detail aussehen wird, will Cernko mit dem Kunstforum-Team noch ausarbeiten. In künstlerische Belange will er sich jedenfalls nicht einmischen. Direktorin Ingried Brugger betont, dass das Ausstellungsprogramm bis 2012 fixiert ist. Entsprechenden Verpflichtungen gegenüber ausländischen Leihgebern werde sie nachkommen und "Glaubwürdigkeit als internationale Ausstellungshalle behalten".

Geht es nach Benko, der in der Innenstadt eine beträchtliche Immobilien-Masse besitzt, wird sich das neue Kunstforum ohnehin nicht verstecken müssen. Die Fußgängerzone vom Graben soll über die Bogner- und Seitzergasse ausgedehnt werden, das Areal in neuer Eleganz erstrahlen: Benko – laut eigenem Bekunden investiert er in Wien eine Milliarde Euro – plant im Umfeld ein neues Nobelhotel, zudem sollen "hochwertige Handelsflächen und Gastronomie" entstehen. In diesem "Luxus-Quartier" wäre das Kunstforum eine qualitätvolle Ergänzung. Und damit der Eingangsbereich entsprechend einladend ausfällt, wird ein Architektenwettbewerb veranstaltet.

Schweigen über Kosten

Wie viel der Ausbau kostet und wer ihn zahlt, erfährt man nicht. Dafür hebt Cernko dezidiert hervor, dass das Kulturbudget der Bank Austria – trotz Krise – nicht beschnitten wird. Diese drei Millionen Euro kommen unter anderem dem Wiener Musikverein, dem Theater in der Josefstadt und Kunstpreisen zugute. Und neuerdings engagiert sich die Bank auch für den Theaterpreis "Nestroy" sowie die Brunnenpassage – ein Caritas-Projekt in Wien-Ottakring, das zeitgenössische Kunst für jedermann bietet.

Wissen

Die Geschichte des BA Kunstforums ist – wie könnte es anders sein – eng mit jener der Banken verknüpft. Aber auch mit einem Schauspieler: Heinz Conrads regte 1980 eine Schau im Haus an der Freyung an, das für die Creditanstalt errichtet wurde und damals der Länderbank gehörte. Nachdem weitere Ausstellungen – meist zur klassischen Moderne – reüssierten, wurde das Länderbank-Kunstforum zur Dauereinrichtung. Erster Direktor: Der heutige Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder. Eines der ersten Highlights: Die Sammlung von Rudolf Leopold. Mittlerweile besuchen jährlich rund 250.000 das Haus.

Printausgabe vom Donnerstag, 25. März 2010
Online seit: Mittwoch, 24. März 2010 18:22:00

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