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13.07.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung | ![]() |
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Tür zu, Rollladen runter, Licht aus | ![]() |
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VON JOHANNA DI BLASI | ![]() |
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Die geniale Ausstellung "Nichts" in der Schirn Kunsthalle Frankfurt zeigt, wo die Vorliebe für modischen Minimalismus wurzelt. | ![]() |
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Unter den anrührend komischen Helden des britischen
Cartoonisten Steven Appleby ist eine Familie von "Nichtsen". Diese, eine
Zeit lang Gäste im Comic-Teil der "FAZ", leben sonst ziemlich
nihilistisch. Ihr Heim ist dekoriert mit Kunstwerken, auf denen nichts zu
sehen ist, und was die Nichtse am Wochenende machen, ist auch klar:
nichts. Die avantgardistisch-ästhetische Weniger-ist-mehr-Doktrin
ist längst in unsere Alltagskultur abgesackt. Mit gediegenem Minimalismus
im eigenen Wohnumfeld erzielen Architekten, Designer und Studienräte
Reputationsgewinne. In Literatur und Kunst ist indessen eine Art
minimalistische Trivialkultur zu beobachten. Höchste Zeit, die Grundlagen
für diese Vorliebe zu beleuchten. Die Frankfurter "Schirn Kunsthalle" tut das in ihrer
Ausstellung "Nichts" mit einer pointierten Auswahl moderner und
zeitgenössischer Kunst. Die Kuratoren werfen einen liebevollen Blick auf
Anstrengungen, die am Ende häufig auf nichts hinauslaufen, und begegnen
den ikonoklastischen Strategien der Bildentleerung, deren sich auch viele
heutige Künstler befleißigen, mit der nötigen Distanz, die ein Verstehen -
wenn nicht gar Durchschauen - ermöglicht. Doch wo anfangen mit dem Nichts? Schon die Romantiker
pflegten eine Ästhetik der Anspruchslosigkeit und gestanden Bildern zu,
schweigen zu dürfen. Kasimir Malewitschs "Schwarzes Quadrat" von 1915
könnte als Beleg dienen, genau wie der ironische Nihilismus eines Marcel
Duchamp oder die "ultimate paintings" der amerikanischen
Nachkriegsavantgarde. Kunstkritiker Harold Rosenberg sagte: "Newman
schloss die Tür, Rothko zog den Rollladen herunter, und Reinhardt löschte
das Licht." Martina Weinhart und Schirn-Chef Max Hollein, seit kurzem
auch Direktor des Städel-Museums, haben sich entschieden, ihren Überblick
später zu beginnen: beim revolutionären Nichts der 68er. Angeregt von
französischen Denkern wie Roland Barthes und Michel Foucault haben
Künstler wie Joseph Kosuth und "Art & Language" damals den "Tod des
Autors" ins Bild gesetzt - mit der Trockenheit von Kanzlisten. Die mit Texten und Lexikoneinträgen versetzte frühe
Konzeptkunst versprüht einen Charme, dem man lieber aus dem Weg gehen
möchte. Nicht so in Frankfurt, wo sie in einer Raumkapsel präsentiert wird
und einen anspruchsvollen Dialog mit der Gegenwart eröffnet. John
Baldessari fungiert als Scharnier zu jüngsten Ausdrucksformen eines
Postminimalismus und Neokonzeptualismus: Er hat schon in den
Sechzigerjahren die letztlich fruchtlosen Bemühungen einer "Negation der
Negation" ironisch kommentiert. Hier knüpfen Joëlle Tuerlinckx und Karin
Sander an. Einer Poesie der Auslassung, die Imaginationen in Gang
setzt, hat sich Spencer Finch verschrieben: Aus der Zeit um 2000 stammen
leere Blätter, die er Sonne, Wind und Schnee ausgesetzt hat. Tom Friedman
war kurz davor noch radikaler: Zwischen 1992 und 1997 hat er offenbar
tausend Stunden lang ein leeres Blatt Papier angestarrt. Ein stärkerer
Gegensatz zur Idee des genialen Geistesblitzes ist kaum denkbar. Avantgarde, sagt Kunsttheoretiker Boris Groys, besteht in
immer strengeren Askese-Übungen. Sie verbietet sich immer neu, das zu tun,
was schon getan wurde. Während man über Beispiele des künstlerischen
Nihilismus-Wettbewerbs schmunzelt, fährt immer wieder ein unverschämt
lautes "Pffft" dazwischen. Das in Endlosschleife gelegte Geräusch stammt
von Martin Creed: Er übt akustische Verweigerung. Bis 1. Oktober, www.schirn.de, Di, Fr-So:
10-19 Uhr, Mi und Do: 10-22 Uhr. |
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