18.07.2003 19:07
Donaugeister im Flusslabor
Die
Narben, die das Hochwasser 2002 im oberösterreichischen Strudengau hinterlassen
hat, sitzen tief. Die "Galerie im Fluss" will einen Beitrag zur Aufarbeitung
leisten - Foto
Olivgrün spult sich die Donau breit und friedlich am Bug der
Motorzille ab. Nach dem Gewitterregen lassen dunkelgraue Wolkenfetzen die
zerstörerische Naturgewalt des Stroms erahnen. Steigt die Donau, verschwinden
die an der Uferböschung verstreuten erotischen Körperteile: Brust, Hand, Füße,
Nabel, etwas abseits ein Ohr. Bernhard Tragut hat für die "Einblicke"
Körperausschnitte auf Stein gemalt. Einen abgestorbenen Baum am Donauufer haben
die Sintfluten entwurzelt. Mit künstlichen Blumen und Blättern transformierte
ihn Nadine Rennert zum "Immerblühenden Baum".
In seiner beschaulichen
Au-Umgebung symbolisiert er das Aufrappeln, Wiedererstehen der Natur nach der
Katastrophe. Weiden ragen bis ins Wasser im Hüttinger Altarm, beim "Temporären
Flusslabor". Auf Pontons schwimmend, wird in der Glaskonstruktion von Rolf
Hinterecker mit einer Solarpumpe ein Miniaturhochwasser simuliert: Eine Schleuse
lässt das Boot bis ins Zentrum des Labors vordringen. Durch die Glaskonstruktion
kann man hochwassertypische Wasserbiologie beobachten. Die Fluten brachten eine
alte, lehmüberzogene Puppe wieder zum Vorschein, wie andere vergessene Dinge. Im
Mondschein leuchtet das Flusslabor mystisch und erinnert an die Donaugeister ...
Die fünfzehn Kunstwerke der Galerie im Fluss von Künstlern aus Italien,
Deutschland und Österreich können mit dem Faltboot oder der Motorzille entdeckt
werden. (etz/DER STANDARD, Printausgabe, 19./20.7.2003)