Salzburger Nachrichten am 06. Juli 2002 - Bereich: kultur
Labyrinth der Gefühle

Wieder wartet die Kunsthalle Wien mit einer starken Einzelpräsentation auf. Ugo Rondinone ist
ein "multimedialer Romantiker".

JANA WISNIEWSKI

Paradiesische Irrgärten des Manierismus könnten als Vorbild angeführt werden für das verspiegelte Reiselabyrinth, welches Ugo Rondinone für die Wiener Ausstellung in der Kunsthalle geschaffen hat. Statt gestutzter Hecken markieren verspiegelte Säulenkonstruktionen den Irrgarten, der nach allen Seiten hin den Blick frei gibt. Statt realer Ausblicke verheißen Monitore ein endloses Reiseabenteuer. Unablässig haben wir Schienenstränge vor und hinter uns. In Einblendungen kleiner Abschnitte in den Videos erscheinen Erinnerungen: vielleicht weit zurück liegende schöne Stunden oder Beobachtungen an Reisebegleitern. Die Schienen, die nie ankommen, werden von einer Stimme begleitet, die nie ankommt.

Udo Rondinone fiel als Künstler durch die Benützung von Filmausschnitten auf, die er als fotografische Bilder anbot. Gesucht hatte er nach Fehlerstellen im Film, die man bei laufender Darbietung nicht bemerkt, die erst als Filmstil den ästhetischen Reiz eines Fehlers im Material preisgeben. Auf irgendeine Technologie lässt sich der Künstler aber nicht festlegen. Es geht ihm vielmehr um eine Technik, die Sampeln und Zitieren zum System macht: aus Kunst-, Film- und Designgeschichte, voll Poesie und Musikalität.

Der in der Schweiz geborene Ugo Rondinone studierte in Wien, wurde von einer der besten Fotogalerien in Paris vertreten, lebt jetzt in New York. In Wien zeigt er eine Fotoarbeit, bei der er sich mit der Welt der Frau durchaus ambivalent auseinandersetzt: indem er Frauen als Model darzustellen versucht, wobei er aber männliche Attribute mitunter nicht kaschiert. Das mag eine Anspielung auf Männliches in Frauen und Weibliches in Männern mitschwingen lassen. Vordergründig geht es aber um Individualität, die man durchs Outfit gewinnt.

In einer weiteren Arbeit ist das Environment auf den Sound konzentriert. Auf virtuellem Wellenboden schreitend, kann man ein Gespräch belauschen, das auf Grund der eigenen Bewegung immer aus einer anderen Ecke zu kommen scheint. Ein Mann und eine Frau versuchen sich zu verstehen, schaffen es aber nicht. Animositäten, Schuldzuweisungen bzw. als Schuldzuweisung Verstandenes produzieren jenen verbalen Irrsinn, den einander Paare oft genug liefern. Relativ dunkle Bildandeutungen könnten vielleicht als unausgesprochene erotische Wünsche gelesen werden.

Zur Ruhe kommen nur die dicken Clowns, die selbstvergessen auf dem Boden liegen, tief genug, um nicht ins Schussfeld zu geraten.

Kunsthalle Wien, bis 22. September, tägl. 10-19 Uhr, Do. 10-22 Uhr. Info: Tel. 01/52 1 89-33. www.KUNSTHALLEwien.at