Hauptausgabe vom 07.05.2002 - Seite 007
Raubkatze im Landesmuseum

VON IRENE JUDMAYER

"Ich lebe sehr gerne nicht in Österreich" - sagt der 1960 in Oberösterreich geborene Künstler und documenta-X-Teilnehmer Peter Friedl, den es nach 10 Jahren in Italien, einer längeren Zeit in Südafrika nun nach Berlin verschlagen hat. Auch wenn er Österreich höchst skeptisch gegenüber steht: Gegen Ausstellungen in seinem Geburtsland hat er (noch) nichts einzuwenden. Bis 30. Juni ist jedenfalls eine große Präsentation Friedls in der oö. Landesgalerie im Landesmuseum zu sehen.

Die OÖN sprachen mit dem Gernenichtösterreicher am Vernissagentag. Friedl entpuppt sich dabei - ebenso wie in den gezeigten multimedialen Arbeiten - als einer, der mittels provokanter Thesen Fragen der Kunstgeschichte zur Diskussion stellt: "Mir ist intelligente Kunst lieber als dumme!" Dumme Kunst sei es seiner Meinung nach "Sachen, die geschichtlich anstehen, nicht zu lösen!" Wobei er den Seitenhieb auf die Bild-Malerei entkräftet durch das nachfolgende "Ich mag aber Baselitz!".

Seinen Focus richtet Friedl, der 1999 auch im Österreich-Pavillon der venezianischen Biennale vertreten war, auf "kunsthistorische Probleme", auf den Diskurs. "Ich bin nicht verliebt in das Material, mit dem ich arbeite. Es ist zwar strategisch wichtig, aber ich vermeide Stilfragen!" In Linz trifft man per Videogroßprojektion dafür unter anderem auf seine Tigerin, die durch den Olympiasaal der alten Hamburger Kunsthalle streift, die Reißzähne in eine künstliche Boa gräbt, die Boa zerfetzt und sich genüsslich die Pranken leckt. Das Werk ist ein Zitat auf ein Bild von Delacroix, das parallel in der Hamburger Ausstellung zu sehen war: "Mir geht es damit darum, Museumspositionen aufzuweichen, nach denen gesammelt wird." Friedl weiter: "Mich interessiert Malerei als Genre genauso wie die Neokonzeptsache der 90er."

Endgültiges Paradoxon

Und so tummeln sich in einem anderen Saal des Linzer Museums Fotos von etwa 140 Kinderspielplätzen aus den unterschiedlichen Teilen der Welt, vom postmodernen Buntdesign bis zum Abenteuerspielplatz in Holz. Dazu Friedl: "Playgrounds sind die urbanen Schmuddelecken. Es hat auch einen gewissen epischen Charakter wie sich die Interpretationen von Kindheit und Freizeit verändern."

Im nächsten Saal ein Baumhaus, im nächsten ein kurioser Film über das Filmmonster King-Kong: "Ich kann sehr gut positive Missverständnisse erzielen!" - meint der Künstler, der sich über etwas besonders freut: "Ich leiste mir immer mehr, Sachen zu machen, die nur mich interessieren." Ob er die auch ausstellen wird? Das wäre dann das endgültige Paradoxon ¼

Info: 0732 / 77 44 82


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