Koalition uneinig

Von hervorragend bis inkompetent reichen die Einschätzungen der Koalitionsparteien, was die Qualität des neuen Kulturforums in New York betrifft.


Schon am Tag vor der Eröffnung des Kulturforums in New York wurde in der Tageszeitung "Die Presse" ein Rohbericht des Rechnungshofs bekannt, in dem dieser massive Kritik an den hohen Baukosten des Gebäudes übt. Derzeit halte man bei knapp 34 Millionen Euro Baukosten für rund 2.300 Quadratmeter Gesamtfläche, obwohl der Bau noch nicht endgültig abgerechnet sei. Umgelegt ergebe das Errichtungskosten von fast 15.000 Euro pro Quadratmeter. Das sei das Zwanzigfache der durchschnittlichen Baukosten pro Quadratmeter Bürofläche in New York, so der Rechnungshof. Da es sich um einen vertraulichen Rohbericht handelt, wollte das Außenministerium noch keine Stellungnahme abgeben.

Scharfer Sichrovsky

In seiner Eröffnungsrede lobte Staatssekretär Franz Morak die "herausragende Leistung" des Architekten Raimund Abraham lobte und hob die politischen Verdienste der Ex-Außenminister Alois Mock und Wolfgang Schüssel um die Errichtung des Gebäudes hervor. Vertreter des Koalitionspartners FPÖ hingegen verschärften ihre Kritik an den Kosten des Kulturforums.

Von "der größten Geldvernichtungsmaschinen in der Geschichte der österreichischen, staatlich organisierten Kulturpolitik", sprach etwa der FP-Generalsekretär Peter Sichrovsky in einer Aussendung am Eröffnungstag. Das Projekt sei eine "Kombination von Größenwahn und Inkompetenz", die die Bedürfnisse eines Kulturzentrums völlig ignoriere.

Grasser patriotisch

Noch vor der Eröffnung hat Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) bei seinem Besuch des österreichischen Kulturforums in New York scharfe Kritik am Architekten des Gebäudes, Raimund Abraham, geübt. Die Niederlegung der österreichischen Staatsbürgerschaft sei eine "äußerst intolerante Position", kritisierte Grasser.

Abraham habe den Auftrag zur Errichtung des Kulturforum unter der Voraussetzung seiner österreichischen Staatsbürgerschaft bekommen und auch das Entgelt für den Auftrag angenommen. "Man wechselt seine Staatsbürgerschaft nicht so einfach wie ein Hemd", kritisierte Grasser. Abraham hatte aus Ablehnung der derzeitigen österreichischen Bundesregierung die US-Staatsbürgerschaft angenommen.

Versöhnliche Geste

Der Architekt habe auch die Kostensteigerungen des Projekts mitzuverantworten, sagte Grasser. Die Baukosten des Kulturforums seien von ursprünglich projektierten zehn Millionen Dollar im Jahr 1992 nun auf 30 Millionen Dollar (33,8 Mill. Euro) angewachsen. "Das ist für mich nicht nachvollziehbar", meinte Grasser. Grundsätzlich sieht der Finanzminister jedoch in der Errichtung des Kulturforums in New York und in seiner Eröffnung nach dem Trauma des 11. September ein "positives Signal". Die Beziehungen zwischen Österreich und den USA würden dadurch gefördert und gestärkt, meinte der Finanzminister.

Abrahams Replik

"Mich interessiert die Meinung des Herrn Grasser nicht", kommentierte Abraham die Kritik des Finanzministers. Am Tag der Eröffnung wolle er lieber über das von ihm entworfene Gebäude reden.

Abraham wollte zu den einzelnen Vorwürfen Grassers gegen ihn nicht Stellung nehmen. Er habe nicht gewusst, dass der Finanzminister vor der Eröffnung das Gebäude besucht hatte, sagte er. Zu einem persönlichen Zusammentreffen zwischen Abraham und Grasser kam es am Donnerstag nicht. Grassers Führung durch das Gebäude endete kurz vor dem Eintreffen des Architekten.

Morak unterstützt Abraham

Kulturstaatssekretär Franz Morak (V) hat am Rande der Eröffnung des Österreichischen Kulturforums in New York den Architekten Raimund Abraham gegen die von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) erhobenen Vorwürfe verteidigt. "Abraham hat viel für Österreich geleistet", sagte Morak am Donnerstag abend (Ortszeit) gegenüber der APA. Die Frage der Staatsbürgerschaft des Architekten sollte man nicht überbewerten.

Morak hatte in seiner Rede bei der Eröffnung Abrahams Wechsel der Staatsbürgerschaft nicht erwähnt. Auch auf die Frage der Baukosten war er nicht eingegangen. Es gebe Tage zum Feiern und Tage der Kritik, sagte er anschließend. "Heute ist ein Tag zum Feiern".

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