Museum der Moderne

Erwin Wurm: Im Angesicht des Gurkerls

25. Juni 2010, 17:30
  • Artikelbild: Erwin Wurms aktuelle Ausstellung im Museum der Moderne in Salzburg: 36 
Selbstporträts als Essiggurkerl. - Foto: VBK, Wien 2010
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    Erwin Wurms aktuelle Ausstellung im Museum der Moderne in Salzburg: 36 Selbstporträts als Essiggurkerl.


In Salzburg hebt Erwin Wurm des Österreichers liebste Jausenzutat aufs weiße Podest: das Essiggurkerl. Ebenfalls zu sehen: aktuelle Medienkunst aus Österreich

Salzburg - Aufrecht, gekrümmt, frech, individuell und manchmal auch obszön: Erwin Wurms in Acryl gegossene und naturalistisch bemalte Essiggurkerln und Salatgurken haben fast menschliche Eigenschaften und Tugenden. Des Österreichers Affinität zum Essiggurkerl ist ja bekanntlich groß. Bei Wurm wird sie sogar zum Spiegel seiner selbst.

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36 Selbstporträts als Essiggurkerl stehen als Unikate auf weißen Podesten. Das Gurkerl als Kunstobjekt, obwohl es nur den "Schönheitskoeffizienten von Krötenhaut" hat, wie es in der Begleitbroschüre heißt: ein (selbst)ironischer Kommentar zum übersteigerten Selbstdarstellungskult.

Mit dieser Installation aus dem Jahr 2008, die europaweit erstmals vollständig zu sehen ist, liefert Wurm humorvolle Einblicke in die Wesenswelt dieses landwirtschaftlichen Produkts: als zentraler Bestandteil österreichischer Jausenkultur. In Wurstsemmel, Herrengulasch oder zur Brettljause spiegelt sich die österreichische Seele. Keine Gurke gleicht der anderen, so wie kein Mensch dem anderen gleicht.

Wurm möchte seine Installation klugerweise nicht interpretieren, rät aber allen Österreichern, mehr Essiggurkerln zu essen.

Der Künstler, der sich praktisch selbst die "Gurke" verlieh, ist nicht auf eine Richtung festzulegen. Facettenreich setzt er sich mit Zeichnung, Fotografie und Videokunst auseinander, um den Skulpturbegriff über seine bisherigen Grenzen hinaus zu treiben. So sind in dieser Ausstellung einige seiner performativen Skulpturen, die One Minute Sculptures, zu erfahren: Jemand balanciert zwei Schreibstifte auf der Oberseite seiner Schuhe, Alltagsgegenstände auf einem Tisch werden aus ungewöhnlicher Kameraperspektive aufgenommen, Orangensaft rinnt durchs Bild. Bei Wurm, selbst Hauptakteur seiner Clips, wird alles Skulptur, sogar Gedanken.

Diese One Minute Sculptures bilden auch den Schlusspunkt einer weiteren Ausstellung im Museum der Moderne.

Österreichische Videokunst

Videorama - eine Kooperation mit der Kunsthalle Wien und dem Ursula Blickle Videoarchiv - zeigt in einem Querschnitt der letzten zehn Jahre aktuelle Positionen der österreichischen Medienkunst. In sechs Bereichen (Animating, Acting, Abstracting, Moving, Narrating, Transforming) sieht man, wie der Mensch des 21. Jahrhunderts in mediatisierten Räumen agiert, davon beeinflusst und manipuliert wird.

Realität und Virtualität verschmelzen, die Besucher ertrinken geradezu in dieser Bilderflut eng nebeneinander gereihter Clips. Die mitunter furchterregenden, aggressiven, aber auch stillen Arbeiten der 27 Künstler lassen den Betrachter verstört zurück. (Christian Weingartner, DER STANDARD/Printausgabe, 26./27.06.2010)

Beide Ausstellungen bis 10. 10.
www.museumdermoderne.at

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21 Postings
27.06.2010 08:32

(selbst)ironisches (Selbst)portrait eines am Kunstmarkt etablierten Künstlers. Toll. Wirklich eine Bereicherung der ö. "kunst"landschaft, die schon seit Jahren permanent nur um sich selber kreist.
Wie es so schön heisst: Kunst und Kunstmarkt sind nicht unbedingt dasselbe, manchmal sogar sehr verschieden. Naja, Hauptsache ihm und den Galeristen macht es Spass.

27.06.2010 00:12

weils so schön zum thema passt:
http://vimeo.com/7983860

Theorie-Praxis
26.06.2010 21:18
süßsauer ? Essig

Wurstsemmel, Herrengulasch, etc werden doch von süßsauren Gurkerln begleitet, im Unterschied von den großen Essiggurken, oder ... ?

26.06.2010 14:21
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Kunst darf auch Spaß machen

Wurm ist einer der wichtigsten internationalen zeitgen. Künstler, nicht weil er selbst dies bestimmt hat oder darauf aus ist, irgendjemanden zu veralbern, sondern weil er einige wichtige Neuerungen in die Kunst einführte. Bei vielen seiner Arbeiten ist Lachen ausdrücklich erlaubt, obwohl auch jedes seiner vordergründig "witzigen" Kunstwerke bei näherer Überlegung großen Tiefgang aufweist. Wurm schafft es, sowohl Volksschulklassen als auch Experten mit seiner Arbeit zu begeistern. Das Einzige, was man bei einem Ausstellungsbesuch mitbringen sollte, sind offene Augen und offene Ohren, ohne eine fixe Idee im Kopf, was Kunst sein darf und was nicht. Kunst ist wie die Menschen selbst, sie muss nicht allen gefallen.

Wollkönigin
27.06.2010 15:00
Aber Wurm hat keine "Neuerungen eingeführt",

hat nichts erfunden, was nicht schon dagewesen wäre.

27.06.2010 15:38
Antwort Neuerungen Teil 2

Hier zum besseren Verständnis 3 ganz aktuelle Positionen, wohl gemerkt 3 von vielen! Eine aus Deutschland, eine aus Frankreich und eine aus Belgien, die in ihrer Weise erst nach Wurms one-minute-sculptures entstehen konnten. http://www.youtube.com/watch?v=-hvhz02j-oQ stammt von Guillaume Désanges aus Frankreich, http://www.youtube.com/watch?v=EifTMmx5NSc kommt von Miet Warlop aus Belgien und http://www.youtube.com/watch?v=i6jElhzC_8Q von dem deutsch/libanesischen Duo Prinz Gholam. Hoffe, dass ich meine Aussage damit etwas klarer zum Ausdruck bringen konnte - freue mich aber auf historische Gegenbeispiele. LG aus Strasbourg.

27.06.2010 15:18
Nachdenken über Skulptur

Wurm hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, was ist Skulptur eigentlich? Was versteht man unter Skulptur? Ist eine Skulptur nur dann eine Skulptur, wenn sie einen scheinbaren Ewigkeitscharakter aufweist? Ist eine Skulptur nur dann eine Skulptur, wenn sie einem Ideal huldigt, das in einer bestimmten Zeit und in einer bestimmten Gesellschaft als solches festgelegt wurde? Kann man der Skulptur sowohl ihr elitäres Dasein als auch ihre Permanenz nehmen? Darauf fand Wurm mit seinen "one-minute-sculptures" eine neue, ganz persönliche Antwort. Seine Idee macht inzwischen weltweit Schule und ist eingegangen in andere Bereiche der Kunst (ich poste hier gesondert noch drei links) LG

26.06.2010 11:54
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36 Selbstporträts als Essiggurkerl…


da ist ganz sicher der Wurm drin

26.06.2010 10:08
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was ich immer sag...

sie verarschen uns.

(bitte auf die übliche Gegenfrage "wer ist sie" zu verzichten, ich weiss es nicht, aber sie sind überall...)

füllhornkäfer
26.06.2010 11:48
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Aber auch das will gekonnt sein, und wenn es auf so hohem Niveau geschiet wie bei Wurm dann ist es genial, that's it.

Killer Bunny 
26.06.2010 20:36

Kunstmarketingstrategisch ist der Wurm sicher auf höchsten Niveau. Wär er nicht Künstler, würd er wahrscheinlich Animationen für Disney machen. Wenn Sie auch so viel kreativen Output haben wollen, empfehle ich SpongeBob Schwammkopf als Impulsgeber.

26.06.2010 14:41

wo genau wäre jetzt das niveau? ein salathäuptl wär schon wieder weniger niveau u maiskölbchen dann die ultimative schau?ok, i gebs zu i kapier das alles nicht. die wurmsche kunst ist mir zu hoch

füllhornkäfer
28.06.2010 10:59

Um Wurm zu verstehen, muss man sich ihn einfach nur ansehen! Einfach unverkrampft und ohne Scheuklappen. Aber dazu müssen Sie in seine Ausstellungen gehen.

26.06.2010 11:46
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genau das tun sie.sie verachten uns für unsere blöd und blindheit in jedem schmarrn kunst sehen zu müssen.naja, so what

26.06.2010 08:22

mona lisa mit essiggurkerl? die sinfonie mit dem essiggurkerl?krieg und frieden mit essiggurkerl?hach, da gäbe es noch sooo viele möglichkeiten. im übrigen hab i nirgendwo geschrieben ob es mir gefällt od nicht

26.06.2010 00:04
na dass...

nenn ich mal einen kritischen Artikel...

25.06.2010 23:53
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selbstportrait

25.06.2010 20:27
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also irgendwie heißt die darstellende kunst auch nix mehr. oder wäre leonardo da vinci unsterblich geworden mit essiggurkerln beim letzten abendmahl?

25.06.2010 23:16
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darstellende künste sind zb

theater, oper, ballett. nur so zur info.
die gurkerl, ob sie ihnen gefallen oder nicht gehören zum bereich der bildenden künste: malerei, bildhauerei etc.

Killer Bunny 
26.06.2010 06:24
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Der Wurm gehört aber ja eh zur darstellenden Kunst: Selbstdarstellung als Cashcow und Installation der tödlichen Langeweile.

25.06.2010 20:59
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irgendwie reizvoll, die Vorstellung ;-)

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