Salzburger Nachrichten am 14. Oktober 2003 - Bereich: kultur
Eruption der Körper

Das Kunsthistorische Museum zeigt Gemälde von Francis Bacon und jene Bilder und Materialien, die den Maler der "schreienden Päpste" dazu inspirierten.

LASZLO MOLNAR

WIEN (SN).

Er war besessen. Besessen vom Körper. Der Maler Francis Bacon - geboren 1909 in Dublin, gestorben 1992 in Madrid - widmete sein Leben der Darstellung des menschlichen Körpers und seiner äußersten Ausdrucksformen. Eine seiner berühmtesten Darstellungen sind die Variationen über das Porträt des Papstes Innozenz X. von Diego Velazquez, in denen der Papst, auf seinem Thron sitzend, schreit. Die "schreienden Päpste" sind ein Markenzeichen von Bacon geworden.

Das Kunsthistorische Museum in Wien widmet Francis Bacon nun eine Ausstellung, die ab morgen, Mittwoch, geöffnet ist. Es ist die erste große Einzelausstellung des Malers in Österreich. Im Anschluss daran wird sie in der Fondation Beyeler in Basel gezeigt.

Warum sie im Kunsthistorischen Museum gezeigt wird, ist der Vorliebe von dessen Direktor Wilfried Seipel für Bacon zu verdanken. Warum sie jetzt kommt, das hat mit der langen Planungsgeschichte dieses Projekts zu tun und der nicht immer mühelosen Beschaffungsmöglichkeit der Exponate.

Vierzig Gemälde Bacons umfasst die Ausstellung, viele davon gehö-ren privaten Sammlern. Die Kuratorin, die aus Österreich stammende Kunstberaterin Barbara Steffen, musste einiges Geschick aufwenden, so spektakuläre Gemälde aus Privatbesitz wie das Triptychon "Drei Studien von Figuren auf Betten" für die Zeit der Ausstellung zur Verfügung zu erhalten. Über zehn Jahre habe man dieses Projekt verfolgt, sagte Seipel den SN. Nun ist auch etwas Besonderes daraus geworden.

Zunächst wegen der Güte der Exponate selbst. Gleich im ersten Raum sind die Päpste zu sehen. Im angrenzenden Saal hängt das Betten-Triptychon und das Triptychon "Three Studies for a Crucifixion". Diese Arbeiten sind exemplarisch für die intensive Farbigkeit und die einem Strudel gleiche innere Bewegung in Bacons Bildern.

Dazu nun zeigt die Schau, wie sich ein moderner, radikal expressiver Maler auf die Größen der Tradition bezieht. Den Arbeiten Bacons beigeordnet sind - weitgehend im Original - die Vorbilder, die den Maler inspiriert haben. Hier zeigt sich dann die Kompetenz des "Kunsthistorischen". Von Bacon hoch verehrte Bilder kann es aus eigenem Bestand im Original beisteuern, wie die berühmten Velazquez-Infanten, das Kleine Selbstbildnis Rembrandts oder Tizians Papst Paul III. Farnese.

Was die Ausstellung so interessant macht, sind nicht nur die verstörend prallen Farb- und Formwelten des Protagonisten Bacon. Angesichts deren sinnlicher Stärke sieht man sich nun auch die "Vorbilder" genauer an und erfährt mehr über deren Charakter, ihre Kraft. Man erlebt sie als Zündfunken einer überwältigenden Eruption der Kreativität, die Bacon in späteren Lebensjahren die Einreihung in die "zehn wichtigsten lebenden Künstler" seiner Zeit einbrachte.

Bis 18. Jänner 2004. Di.-So. 10-18 Uhr, Do. 10-21 Uhr. Katalog 38 Euro. www.khm.at/bacon.