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NEUE GALERIE: Selten Gesehenes von Keith Haring vom 24. 1.-21. 4.

Sex, ein existenzielles Muss

Wie ein gigantischer Pfeil weist uns die Schwanz-Rakete den Weg nach oben. "The Great White Way", ein stilisiertes männliches Geschlechtsorgan, übersät mit Symbolen eines kapitalistischen Kolonialisierungswahnes. Gott Dollar tanzt in der Mitte, Menschlein klammern sich an sein Gemächt. Männer mit Kreuz-Phalli tanzen um das Goldene Kalb des Wohlstandes auf Kosten anderer, Atome kreisen, Panzer rollen.

Was für ein prächtiges Symbol für das Kunstschaffen des früh verstorbenen amerikanischen Graffiti-Künstlers Keith Haring, das uns gleich beim ersten Schritt in die Neue Galerie der Stadt Linz begegnet: Zum einen manifestiert es die Sexualität als existenzielle Triebkraft. Eine Sexualität, die im künstlerischen Wirken des schwulen, an Aids verstorbenen Künstlers einen starken für manche irritierenden Spiegel fand. Zum anderen konfrontiert es die Betrachter mit seinem unmittelbaren sozialen Engagement.

Stundenlang kann man in diesen, von markanten Konturen und kräftigen Farbkontrasten geprägten Bildgeschichten versinken. Es gibt immer wieder Details, die überraschen und faszinieren, die auf-, die anregen.

"Wir haben mit dieser Ausstellung die höchste unserer Höhen erreicht" - so Neue-Galerie-Chef Peter Baum. Denn diese, vom ZKM Karlsruhe übernommene Präsentation unter dem Motto "Himmel und Hölle" sprengt fast die niedrigen Dimensionen der Linzer Galerieräume. Dicht an dicht drängen sich die Großformate, denen man das neue Lentos gewunschen hätte. Was für ein Glück, dass die "Vermählung von Himmel und Hölle" im kunstsinnigen Pfarrer Martin Füreder einen Fürsprecher und somit in der Friedenskirche Urfahr, nur wenige hundert Meter entfernt, eine vorübergehende Heimstatt finden konnte.

Inhaltlich bewegen sich diese bisher bei uns großteils noch unbekannten Werke nicht so sehr im gewohnten bunt&lustig ab. Stark spielt bereits das Wissen um den baldigen Tod, Wut, Angst und letztendlich auch eine Hinwendung zur Spiritualität eine Rolle. Eine Präsentation, die Sie - ebenso wie das umfassende Begleitprogramm (u. a. eine "Haring"-Predigt von Günter Rombold in der Friedenskirche am 27. 1.) nicht versäumen sollten.

Info: 0732-70 70-36 00

Lesen Sie weiter: Keith Haring Historie


OÖN vom 23.01.02 zuletzt geändert am: 22.01.02 16:58:59


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