"Horizon Field"

Blutende Stellvertreter des Menschen

30. Juli 2010, 18:05
  • Artikelbild: Größte Landschaftsinstallation Österreichs: "Horizon Field"  nutzt die 
menschliche Figur als Vehikel für essenzielle Erfahrungen.  - Foto: Tretter
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    Größte Landschaftsinstallation Österreichs: "Horizon Field" nutzt die menschliche Figur als Vehikel für essenzielle Erfahrungen.

Nach jahrelangen Vorbereitungen wurde nun der hundertste von Antony Gormleys Eisenmännern im Bregenzerwald installiert

Auf 2039 Metern Seehöhe spinnt sich ein Netz zu Fragen der Evolution.

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Lech - "Eisen ist konzentrierte Erde. Wenn wir nur tief genug unter die Erdoberfläche gehen, stoßen wir auf das, was diesem Planeten sein magnetisches Feld gibt, was ihn auf seiner Flugbahn hält," sagt der Brite Antony Gormley über das Material seiner Eisenmänner. Sie sind nicht nur erdverbunden, sondern aus ihr gemacht. Die Tatsache, dass sie oxidieren und dadurch "bluten" wie Menschen, ist dem Künstler wichtig.

Die 650 Kilogramm schweren Skulpturen des 60-jährigen Turner-Preisträgers sind weitgereist. Sie trotzten in Stavanger, Cuxhaven und Crosby den Gezeiten, waren in den Olivenhainen von Catanzaro teils bis zur Schulter im Erdreich versenkt. 2007 sorgten 31 von ihnen im Londoner Stadtraum für Unbehagen undheuer in New York, prekär auf Simsen und Dächern von Wolkenkratzern postiert, für erregte Notrufe. Nun sind bis April 2012 einhundert dieser identen menschlichen Abgüsse auf genau 2039 Metern Seehöhe in einem 150 Quadratkilometer großen Areal des Bregenzerwaldes aufgestellt: Rostige Gestalten, die sich gegen das Grün der Weiden und das Blau des Himmels abzeichnen oder mit dem Fels verschmelzen.

Horizon Field ist die bisher ausgedehnteste und wohl auch stillste Installation von Gormleys Arbeiten - für den Künstler selbst die landschaftlich schönste und faszinierendste. Aber vermutlich auch die langwierigste. Mehr als vier Jahre haben die Vorbereitungen zu diesem vom Kunsthaus Bregenz initiierten Projekt gedauert. Die naturschutzrechtlichen Prüfungen gestalteten sich aufwändiger als gedacht, und so konnten 2009, parallel zur Personale Gormleys in Bregenz, zunächst nur drei Figuren installiert werden. Im schrittweisen Annäherungsprozess zwischen Naturschützern und Projektverantwortlichen war das einer der Schlüsselpunkte, sagt Artur Vonblon, Geschäftsführer der Vorarlberger Kulturhäuser dem STANDARD.

"Umso höher man kommt, desto verrückter werden die Menschen", zeigte sich Gormley 2009 noch ungeduldig und enttäuscht. Heute sind jedoch alle zufrieden. Vonblon: "Grund und Landschaft haben für die Menschen hier einfach noch eine andere Bedeutung". Horizon Field ist eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage "Fügt sich die menschliche Kultur in die Natur?". "Wer sind wir, was sind wir, wo kommen wir her und wohin führt unser Weg?" , scheinen die eisernen Stellvertreter zu fragen. "Wenn dieser große nukleare Reaktor im Zentrum unseres Sonnensystems noch sechs Milliarden Jahre Energie produziert, wie lang wird Homo erectus in seiner modernen Form Teil der Evolution auf diesem Planeten sein? Wir könnten schon bald aus dem Spiel draußen sein." (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe, 31.07./01.08.2010)

Eröffnung,  Samstag, 12.00, Kriegeralpe, Lech, Details: www.kunsthaus-bregenz.at

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17 Postings
SterzinOz  
01.08.2010 06:58
Und die hier

sind auch phantastisch:
http://il.youtube.com/watch?v=j... re=related

Die Landschaftsinstallation "Horizon field" von Antony Gormley in Vorarlberg ist nicht auf den Bregenzerwald beschränkt. Das Feld umfasst auch die Gemeinden Lech, Mittelberg, Klösterle und Dalaas.

31.07.2010 00:55
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tolles projekt

und wieder mal fürchten wir uns mehr vor der natur als vor uns selber.

kalinka karechta
31.07.2010 06:38
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Wir selbst sind auch nur Natur. Überschätzen Sie sich nicht!

31.07.2010 17:02
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wir machen sicher mehr kaputt als die paar eisenmänner.

30.07.2010 23:04
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Weltkunst im Gebirge: Danke!

Diese Installation zeigt, wieder einmal, dass nicht nur in Wien Weltkunst stattfindet!
Gratulation und Dank ans KUB!
Es war sicher eine Heidenarbeit, die eher Gegenwartskulturfernen Bergmenschen und Alpenverein - bei Ai Weiwei hat er ja dumpf gemeckert - für das Projekt zu gewinnen.
Ich werde sicher einmal hinfahren.

31.07.2010 09:21
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Überbewerten sie nicht Wien.

Es gibt viele Gegenden in Österreich da ist auf pro Kopf der Bevölkerung heruntergebrochen, wesentlich mehr los wie in Wien.

Außerirdischer
01.08.2010 11:18
Das ist ja auch logisch!

Wenn ein arrivierter Künstler zwecks Ruhe und Entspannung in der Einöde lebt, rundherum nur Wald und Wiesen, dann ist der Prozentsatz an Künstlern pro Qaudratkilometer natürlich rein rechnerisch automatisch höher als in New York, Paris, Wien, Mexiko-City, Neu Dehli usw. zusammengenommen, muß ja so sein ;0)

in china ist ein sack monsanto reis umgefallen
31.07.2010 21:46
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"auf pro Kopf der Bevölkerung heruntergebrochen"

Sie scheinen nicht so ganz verstanden zu haben, was eine Stadt ist und wofür sie da ist.

31.07.2010 18:26

Welche Gegenden sollen das sein wo mehr "wie" in Wien los ist? ;-) Es ist sicher auch in Graz oder Linz kulturell einiges los, aber im Vergleich zu Wien doch tote Hose... ich halte so einen Selbstbetrug für keine gute Idee.

pretty wise...
31.07.2010 13:01
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von einen, auf sex reduziertem, Affen lass ich mir noch lang nix sagen... :P

31.07.2010 12:22
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Nein: auch wenn man nicht nur Wien-Fan ist, sondern

die ganze vielgestaltige österr. Kulturlandschaft schätzt, zeigt der Veranstaltungsvergleich für Heute in ganz Österreich folgendes Bild:Wien 323, Stmk 168, NÖ 139, OÖ 69, S 60, K 46, T44, V 27, B 26.
Die Zahlen sind vom Falter/Event Programm.
Auch wenn hier vielleicht nicht alle Veranstaltungen gelistet sind, so zeigt dies doch, dass die Bundesländer sich noch anstrengen müssen, um gegenüber Wien aufzuholen. OÖ, NÖ und Steiermark, die alle über eine Million Einwohner haben, müssten mindestens auch so um die 300 Veranstaltungen machen um zu Wien aufzuschliessen.
Aber ich halte nichts von der falschen Dialektik Wien gegen die Bundesländer: ich mag Wien und die Länder, von Eisenstadt-Bregenz:-)

Außerirdischer
01.08.2010 11:31
''Aber ich halte nichts von der falschen Dialektik Wien gegen die Bundesländer: ich mag Wien und die Länder, von Eisenstadt-Bregenz:-)''

Dafür gibts auf jeden Fall grün. Diese ewige ''Wien-Bashing'' u.Ä. ist nur mehr öde!

Entweder ich bin stolz auf das was ich tue und wie und wo ich lebe, oder nicht! Da muß ich andere nicht extra klein machen, damit ich selber größer bin!

31.07.2010 22:08
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ähm...räusper

wer wissen will was in den bundesländern los ist, kauft sich mit sicherheit keinen falter.
natürlich ist wien das kulturelle zentrum von österreich, aber den IN wien und FÜR wien gemachten falter als spiegel für die österreichische kulturverteilung herzunehmen grenzt ein bissl an selbstüberschätzung...

31.07.2010 23:22
Kennen Sie noch eine Zeitung die österreichweit täglich Hunderte von Kulturveranstaltungen ankündigt?

Natürlich können Sie VN, TT, SN, OÖ, Kleine Zeitung, etc. kaufen und dann haben Sie eben nur was in Ihrem Bundesland passiert und sonst wenig bis nichts.
Stimm der Falter ist Wienlastig, jetzt auch mit Steiermark Redaktion, und trotzdem bietet er mit seiner Event-Platform, die Möglichkeit dass sich alle Kulturveranstaltungen österreichweit repräsentieren können. Auch wenn hier jetzt sich nicht alle melden ist es ein guter Anfang. Daher Dank an Falter für diese gute Aktion.
Natürlich könnte diese Daten auch der Standard sammeln. Ich glaube Ansatzweise gibt es ja so eine Rubrik in der Printausgabe. Aber bis jetzt bringt die meisten Daten doch der Falter und ich sehe da nicht wo eine Selbstüberschätzung liegen sollte.

30.07.2010 19:23
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Gormley

ist ganz grosse klasse.

http://www.youtube.com/watch?v=WuIpwkn_5Vo

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