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Du sollst nicht dürfen!

(cai) Jeder weiß doch, dass man die Bettler nicht füttern darf. Aber es muss halt immer ein paar Individualisten geben (Saboteure des Gemeinwohls), die ihnen alte Semmeln zuwerfen. Und den Tauben soll man kein Geld geben, diesen organisierten Banden, die uns unser Mitleid und unsre Euros abnötigen. (Die Tauben sind ja insgeheim verkleidete Ratten .) Nein, äh, falsch: die Tauben soll man nicht füttern und die Bettler nicht sponsern. Und sich nicht auf den Behindertenparkplatz stellen, wenn man nicht mindestens einen Solidaritäts-Gipshaxen hat.

Da muss man Hannah Swoboda ja dankbar sein, dass ihre subversiven Gebotsschilder, die sie in Guerillataktik überall verteilt hat, so primitiv anmuten, dass man sie nicht für offiziell hält. Sonst wär’ noch irgendwann die ganze öffentliche Ordnung zusammengebrochen. Immerhin hat sie Bushaltestellen in Sandlerschlafzimmer umgewidmet oder Raucher zur Nichtraucherbelästigung angestiftet. Andererseits wird das ungebührliche Verhalten in diesen Erlaubniszonen ja theoretisch konzentriert (fast wie im Gefängnis). Ein gemeinnütziger "Putschversuch" also.

Die Disziplinar- und Kontrollgesellschaft wird hier komplex analysiert. Markus Gradner und Stephan Uggowitzer reißen etwa auf dem Arbeitsstrich zwei willige Illegale aus dem Osten auf und lassen sie den "Ostblock" wiederaufbauen. Na ja, nicht den ganzen. Eher ein unprätentiös klobiges Denkmal für ihn. Einen Sockel für einen Monitor, auf dem dann die strafbare Handlung zu sehen ist, mit versteckter Kamera gefilmt. Die zwei Künstler-Sünder zelebrieren die totale Überwachung bis zur Selbstaufopferung (outen sich ja selber als "Schädlinge der Volkswirtschaft", als Förderer des Pfuschs). Und Bernhard Hosa "vermenschlicht" das Strafvollzugsgesetz. Stellt "romantische" Requisiten neben den nüchternen Text. Schuhe (Reliquien eines Kriminellen?) neben die Vorschriften zum Thema "Bewegung im Freien". Bewusstseinsfördernd ist’s allemal.

Das Ur-Kritzikratzi

(cai) Die Ursuppe, der einst das Leben entstiegen ist (wahrscheinlich diskreter als Botticellis Venus dem Meer), gab’s ja wirklich. War aber nicht von Maggi (auch wenn sie womöglich entfernte Ähnlichkeit hat mit jener aus dem Suppenwürfel gewonnenen Brühe, die sich noch nicht so recht entscheiden will: Nudel- oder Backerbsensuppe?). Das Urknäuel allen Strickens, das noch für alles offen ist (Pullover wie Socken), ist ebenfalls kein Gerücht. Und jetzt bin ich gar dem leibhaftigen Ur-Kritzikratzi begegnet, aus dem sich die delikatesten Formen erheben. Denn Fritz Panzer zeichnet direkt in die Luft. Handfest sensible "Grafiken" aus Draht, die sich sinnlich ins unbestimmte Gekritzel verflüchtigen. Ein anekdotisches Ensemble: Sessel, Leiter und ein Luster, der kurz davor ist, aufgehängt zu werden.

Kikeriki, eiern tun sie

(cai) Die Bilder sind, laut Widmung, nicht für die Fisch’ (obwohl der Weiße Hai ja alles frisst), sondern "for the birds". Katrin Plavcak weiß: Hühner sind auch nur Menschen (oder umgekehrt). Hominiden im Geflügelkostüm proben den Aufstand. Lauschen dem Hahn auf der Barrikade, dem Agitator (oder "Gackertator"). Weil sie es satt haben, zu eiern, bis der Hintern brennt? Oder ist das eine moderne Inszenierung von Nestroys Revolutionsposse "Freiheit in Kräh-Winkel"? Auch der "Eggman", ein Hendl-Dandy, ist mit den gewohnten Finessen gemalt. Der Rest: Der Pinsel ist willig, aber die Motive sind mitunter schwach.

Galerie Mezzanin

(Getreidemarkt 14)

Katrin Plavcak

Bis 24. Februar

Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr

Sa. 11 bis 15 Uhr

Williger Pinsel.

Galerie Krobath

Wimmer

(Eschenbachgasse 9)

Fritz Panzer

Bis 3. März

Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr

Sa. 11 bis 15 Uhr

Er kann’s.

Kunst Raum

Niederösterreich

(Herrengasse 13)

Der gesichtslose Blick

Bis 3. März

Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr

Sa. 11 bis 15 Uhr

Ein bissl spröde.

Dienstag, 06. Februar 2007


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