VON WALTER FINK
Es war ein seltenes Ereignis: Ein Künstler, der sich rundum
glücklich zeigte, der das auch sagte, der sich mit seiner Arbeit
bestätigt fühlen durfte, auch wenn das erfreuliche Ereignis ziemlich
lange auf sich warten ließ. Am Montag wurde im Kunsthaus Bregenz
symbolisch die Signatur von Gottfried Bechtold an der Staumauer des
Silvrettasees übergeben. Der Namenszug, mit dem das monumentale
Bauwerk von Bechtold zum Kunstwerk erhoben wurde, wurde vom
Kunsthaus Bregenz angekauft, die Vorarlberger Illwerke stellen
weiterhin die Staumauer dafür zur Verfügung. Damit ist eine wichtige
Arbeit von Gottfried Bechtold auf Dauer - so ist jedenfalls zu
hoffen, denn der Vertrag ist zwar auf unbestimmte Zeit
abgeschlossen, kann aber auch wieder gekündigt werden - der
Öffentlichkeit zugänglich. Und das an prominentem Platz.
Es ist nicht so, daß diese Arbeit von Bechtold unumstritten
gewesen wäre. Angebracht wurde sie im Rahmen einer von Oscar Sandner
kuratierten Ausstellung im vergangenen Jahr. Neben den
Ausstellungsräumen in Bregenz und Schwarzenberg, in denen sich
verschiedene Künstler des Themas annahmen, gab es auch
"Außenstellen", eine davon eben auf der Silvretta. Das vielleicht
spektakulärste Projekt war jenes von Gottfried Bechtold an der
Staumauer. Jener Schriftzug nämlich, mit dem Bechtold auch seine
künstlerischen Arbeiten signiert. Das wiederum rief Protest bei
einigen Historikern hervor, die meinten, es sei nicht angebracht,
diese Mauer, die unter anderem auch durch Zwangsarbeiter während der
nationalsozialistischen Zeit errichtet worden war, auf diese Art zu
vereinnahmen. Das sei eine Brüskierung jener Menschen, die hier
unter unmenschlichen Bedingungen gearbeitet hätten. Bechtold
entgegnete dem überzeugend: Es gehe nicht um die Missachtung
menschlicher Not, schon gar nicht gehe es um späte Rechtfertigung
eines diktatorischen Regimes und seiner Vorgangsweisen, es sei
schlicht das Anerkennen einer technischen Meisterleistung, die auch
ästhetische Qualitäten habe. Überzeugend war das nicht zuletzt
deshalb, weil Bechtold immer wieder privat und in seiner Arbeit auf
politische Unkorrektheiten verwiesen hatte. Wohl auch mit ein Grund,
warum die Diskussion bald verstummte.
Es war also ein höchst erfreulicher Abend im Kunsthaus, dem auch
die diversen "Festreden" entsprachen. Freude herrschte bei den
Beteiligten, beim Land, beim Kunsthaus, bei den Illwerken, auch beim
Sponsor, der Generali Versicherung. Vor allem aber bei Gottfried
Bechtold. Unter diesen Voraussetzung mußte man sich allerdings
fragen, ob es ein kluger Schachzug von Kunsthausdirektor Eckhard
Schneider war, in diesem Zusammenhang ein weiteres Projekt des
Kunsthauses anzukündigen. Schneider sprach von einer Vision, die er
habe. Kunstwerke - vorwiegend an der Schnittstelle zwischen Kunst
und Architektur - sollten sich "wie eine Perlenkette" über das ganze
Land ziehen. Ausgehend von der Bechtold Signatur auf der Silvretta
sollten sie eine Verbindung über die verschiedenen Plätze im Land
zum Kunsthaus und Kunst in den öffentlichen Raum bringen. Alle zwei
Jahre etwa sollten solche Projekte, wesentlich unterstützt durch
Sponsoren, entstehen. Das könnte ein spannendes Projekt sein,
beurteilt werden kann es allerdings erst, wenn Details bekannt sind.
Am Montag allerdings schien die Präsentation deplaziert. Gedacht war
der Abend für Gottfried Bechtold, die einigermaßen ins Unreine
gesprochene Ankündigung war eher dazu angetan, die zentrale Idee zu
schmälern.
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Die Meinung des Gastkommentators muss nicht mit jener der
Redaktion übereinstimmen. Auf Wunsch des Autors erscheint sie in der
alten Rechtschreibung.