Quer durch Galerien
Allerhand (Pseudo-)Erotik
Von Claudia Aigner
Man braucht keine Burgtheater-Zunge mit Sprechausbildung, um
dieses meist sitzende Objekt der Begierde angemessen zu umwerben. Die
Zungenfertigkeit einer Bulldogge reicht vollkommen. (Es gibt ihn also
doch, den Allerwertesten, der genießbar und für die Gesundheit
unbedenklich ist . . .) Die Hinterbacken, die uns Uwe Bressnik anbietet,
sind nämlich fast schon ein Lebensmittel und folglich für einen Rückfall
in die frühkindliche orale Phase extrem gut geeignet. Diese Popscherln
("Lecksteine" mit pikanter sitzerprobter Anatomie), die man anbeten kann,
bis der Hintern zur Neige geht, sind wohl die leibhaftigsten Exponate in
der opulent lustvollen Ausstellung zum Thema: Das Zusammenkommen von
Männchen und Weibchen unter hormonellen Umständen. Kurz: "Sex". (Bis 10.
September in der Galerie Wolfrum, Augustinerstraße 10.) Erotisch wie
die zufällige Begegnung eines zerknüllten Autos und eines nackten
Frauenpopos (und des Skalpells von Lucio Fontana) irgendwo im Unbewussten:
Wenn Franziska Maderthaner von "kunstinvolvierten Personen" Zitate aus der
Kunstgeschichte blind zusammenwürfeln lässt und dann alles saftig,
geradezu süffig abmalt, dann kann das merkwürdigerweise erstaunlich
sinnvoll aussehen. Sogar wie ein pornografisches Manifest. Neben einem
hündisch hochgereckten Damensitzfleisch aus einer Aktion des
Menschenfleisch- und Lebensmittelchoreografen Otto Muehl wirkt eine
zerschlitzte Leinwand von Fontana eigentlich obszön vaginal. Und auch wenn
das Kamasutra die Liebestechnik "Frontalzusammenstoß" mit keinem Wort
erwähnt: Ein Autowrack (im Vordergrund, von John Chamberlain) verdankt
sich, wie ein Hexenschuss in den Lenden, ja auch bloß der
leidenschaftlichen Vereinigung zweier Knautschzonen. Sinnlich
spiegelnd: Reinhard Blum hat ein symbolträchtiges Foto aus "Giganten" auf
Alu übertragen. Elizabeth Taylor kniet wie Maria Magdalena vor dem
einsamen Rebellen James Dean, der die Hände in lässiger Leidenspose über
sein Gewehr hängen lässt wie über den Querbalken eines Kreuzes. Eine
Mischung aus Kreuzigungsgruppe und der körperlichen Abstinenz des "Noli me
tangere" ("Rühr mich nicht an"), also der Begegnung des Auferstandenen mit
MM (Maria Magdalena). Prophetisch im Hintergrund: Ein Kraftfahrzeug.
Freilich ein pferdeschwaches Modell, mit dem man erst ein bissl später als
mit einem Porsche im Jenseits ankommt. "Mitfühlend karikaturhaft" hat
Bernhard Tragut die absoluten Genital-Pioniere als Skulpturen verewigt:
Adam und Eva nach stundenlangem UV-Missbrauch, sprich: mit Sonnenbrand.
Kasig nur dort, wo sie beim Brutzeln bekleidet waren. Der Sündenfall ist
eben auch der Entstehungsmythos für die Modebranche.
Erschienen am: 30.08.2002 |
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