Datenfriedhof net_condition?

Im Prinzip müsste man Netzkunst nicht offline ausstellen. Die Kunstwerke sind im Internet permanent einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Erst durch die Anwesenheit der Künstler macht net_condition Sinn.


Laut Peter Weibel ist die Netzkunst nach der "Videoskulptur der 80er Jahre und der interaktiven Computerinstallation der 90er Jahre die aktuellste Phase der Medienkunst." Die Netzkunst stellt Kuratoren allerdings vor ein neues Problem: Wie ist eine Ausstellung im realen Raum argumentierbar, wenn die auszustellende Kunst im Internet stattfindet und dort ohnehin für eine breite Öffentlichkeit zugänglich ist?

Unter einer Bedingung: Netz

Der Besucher der Ausstellung bekommt also interaktive Computerinstallationen zu sehen, diesmal eben mit Netzbezug, wobei User vor Ort mit Netizens interagieren. Oder man sieht Video-Experimente in ASCII-Format (aus Text-Zeichen zusammengestellt), natürlich auch im Web abrufbar. Oder ein Workshop zum Thema live online-Radio.

Originäre Netzkünstler, deren Projekte ausschließlich im Internet stattfinden, weil sie vom experimentellen Umgang mit dem HTML-Code und von der Interaktion der Community abhängen, fühlen sich in dieser Präsentationsumgebung nicht hundertprozentig wohl.

Netzkunst in Friedhofsatmosphäre

Olia Lialina, eine russische Netzkünstlerin der ersten Stunde, hat bereits Einblick in die Ausstellungsarchitektur erhalten: "Es sieht wie ein Friedhof aus und ist von einer sehr sterilen Atmosphäre umgeben."

Neben der klassischen Bildschirmdarstellung und Projektionen kommt vor allem der "Spatial Browser" von Jeffrey Shaw zum Einsatz. Hierbei werden von Benjamin Weil kuratierte Websites virtuell nebeneinander platziert. Der Besucher kann diese abrufen, indem er einen Flachbildschirm per Tastendruck nach rechts oder links verschiebt.

Ein Modell von Jeffrey Shaws
Ein Modell von Jeffrey Shaws "Spatial Browser" / ©Bild: ZKM

Lialina kann sich auch damit nicht anfreunden: "Es handelt sich dabei um ein sehr lineares, limitiertes Surfen. Die Installation ist vielleicht visuell ansprechend, hat mit Net.Art aber nichts zu tun."

Den Unterschied machen die Künstler

Die Präsentation von Netzkunst, und sei sie noch so ambitioniert, rechtfertigt wohl keine Ausstellung im realen Raum. Warum man trotzdem, so man sich für Medienkunst interessiert, Peter Weibels net_condition auf keinen Fall versäumen sollte? Durch die Anwesenheit der Künstler lernt man ihre Projekte um einiges genauer kennen, als es über eine ausschließliche Rezeption im Internet möglich wäre. Außerdem dienen die 14tägigen, begleitenden Veranstaltungen und Workshops dazu, das allgemeine Verständnis von Netzkunst zu vertiefen.

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