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04.08.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Hitlers Bildhauer: Eine umstrittene Schau
In Schwerin ist die erste Arno Breker-Ausstellung seit 1945 zu sehen. Unzählige Künstler kritisieren die "Würdigung" und fordern die sofortige Schließung der Schau.

Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) hat die Schließung der umstrittenen Arno-Breker-Schau in Schwerin gefordert. Der Vorstand der Vereinigung, die deutschlandweit mehr als 10.000 Künstler vertrete, habe sich einem entsprechenden Votum des Künstlerbundes Mecklenburg-Vorpommern angeschlossen, so Geschäftsführerin Ursula Cramer.

Die Präsentation von 70 Skulpturen aus allen Schaffensphasen Arno Brekers (1900-1991), der als Hitlers Lieblingsbildhauer galt, sei zu einer Würdigung geraten, kritisierte der Landesverband in Schwerin. Der Kulturdezernent der Stadt, Hermann Junghans (CDU), sieht keinen Grund zur Schließung der Ausstellung, die seit der Eröffnung vor drei Wochen mehr als 5.000 Besucher angezogen hat und bis zum 22. Oktober gezeigt werden soll.

Skandal und Sorge

Die Schau sei ein Skandal, hieß es vom Künstlerbund Mecklenburg-Vorpommern. Die Ausstellung relativiere Brekers Monumentalplastik der NS-Zeit "auf unzulässige Art und Weise". Das in der Ausstellung vorhandene Text- und Bildmaterial lasse zu wünschen übrig, es mangle an vielen Stellen an professioneller Recherche und Ausstellungsgestaltung. "Die Aussicht, dass nach den Ferien Schulklassen auf diese so ungenügend aufbereitete Ausstellung losgelassen werden sollen, bereitet uns große Sorge."

Verharmlosung und Stilisierung

Auch der Kunsthistoriker Christoph Zuschlag, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle "Entartete Kunst" an der Freien Universität Berlin, forderte die Schließung der Ausstellung "Zur Diskussion gestellt: der Bildhauer Arno Breker". Es werde verharmlost, Indizien würden gesammelt, die beweisen sollen, dass Breker nicht von Anfang an der NS-Ideologie anhing. Die martialischen Männerskulpturen Brekers aus der NS-Zeit würden als Teil einer gesamteuropäischen Strömung interpretiert. Breker werde als Opfer stilisiert, wenn im Faltblatt betont wird, dass andere Künstler ihre Nähe zu Hitler "nicht an einer glänzenden Nachkriegskarriere gehindert" habe.

Breker galt in den 1920er Jahren als großes Bildhauer-Talent und stieg ab 1936 zum NS-Staatsbildhauer auf. Er soll bis ins hohe Alter Kontakte ins rechtsextreme Milieu gepflegt haben. Zu der Ausstellung ist ein 200-seitiger Begleitband erschienen, in dem sich Historiker und Kunsthistoriker mit Breker auseinandersetzen.

Die Ausstellungsmacher hatten wiederholt erklärt, die Schau erhebe nicht den Anspruch, ein abschließendes Breker-Bild zu zeichnen. Die Ausstellung im städtischen Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin ist die erste Breker-Personalausstellung in öffentlichen Räumen seit 1945. (Ag./Red.)

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