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10.07.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Architektur: Forciertes Quadratmotiv
VON JOHANNA HOFLEITNER
Das MAK arbeitet in einer Ausstellung in Josef Hoffmanns Geburtshaus die Gemeinsamkeiten zwischen dem Wiener und dem Italiener Carlo Scarpa heraus.

Als Carlo Scarpa (1906-1978), der ne ben Giuseppe Terragni wichtigste Architekt der italienischen Moder ne, am 16. 11. 1976 an der Akademie der bildenden Künste seine legendäre Wiener Vorlesung hielt, definierte er seine Verbindung zur österreichischen Architektur über den Jugendstil: "Im Grunde bin ich ein Byzantiner, und auch Josef Hoffmann hat etwas von einem orientalischen Charakter, und zwar in dem Sinn, wie ein Europäer sich zum Orientalischen hinwendet". Was er damit meinte, wollte er so genau nicht erklären: "Die die expressiven Formen Josef Hoffmanns kennen, werden verstehen, was ich meine." Als viel prägender für seine Denkweise führt er dann Le Corbusier an, Frank Lloyd Wright, die Eindrücke Japans.

Sollte der Verweis auf Hoffmann also nur eine höfliche Geste gegenüber dem Gastgeber gewesen sein? Nun, jedenfalls hat Scarpa, dem gewöhnlich eine eher pauschale Beeinflussung durch den Sezessionismus attestiert wird, in seinem Vortrag als Referenz just Hoffmann (1870-1956) ausgewählt. Zudem liegt die Vermutung nahe, dass Scarpa sich insbesondere in seiner Jugend als Glasdesigner mit dem Schaffen des international renommierten Designers und Architekten beschäftigte: Zuerst, als die Milano-Triennale Hoffmann 1933 neben Wright, Mies, Loos, Le Corbusier, Sant-Elia und anderen eine Personale widmete, und dann 1934, als Hoffmann in Venedig den Österreichischen Biennale-Pavillon umgestaltete.

Diese Verweise und der Umstand, dass sich Scarpas Geburtstag in diesem Jahr zum 100. Mal und Hoffmanns Todestag zum 50. Mal jährt, ist für das MAK Anlass, die Beziehung der beiden zu thematisieren. Schauplatz der kleinen, feinen Ausstellung ist Hoffmanns Geburtshaus im mährischen Brtnice. Im Ambiente des barocken Patrizierhauses, dessen Innenräume Hoffmann während seiner Sommeraufenthalte als Experimentierfeld dienten, indem er sie radikal umgestaltete, finden sich nun Zeugnisse von Hauptwerken beider Architekten. Die Methode der Gegenüberstellung von Objekten, Zeichnungen, Fotografien macht in formalen Details verblüffende Übereinstimmungen sichtbar, etwa im Umgang mit dem von beiden forcierten Quadrat- und Rahmenmotiv, das Hoffmann gerne als Ornament für seine für die Wiener Werkstätte geschaffenen Objekte einsetzte.

Scarpa hingegen verwendete es vor allem im großen Maßstab, bei seinen Umbauten alter Bestände - etwa dem venezianischen Palazzo Querini Stampaglia und dem Zürcher Haus Zentner -, aber auch seinem späten Hauptwerk, der Grabanlage für die Industriellenfamilie Brion. Eine andere Gemeinsamkeit sind die Ausstellungs-Inszenierungen: Beide waren gesuchte Gestalter, die besonders im Umgang mit Licht außergewöhnliche Sensibilität zeigten. Die maßgeblichste Übereinstimmung findet sich jedoch im hohen handwerklichen Anspruch. Hier erweist sich Scarpa, wie vor allem seine Handzeichnungen und Entwürfe belegen, als Traditionalist im allerbesten Sinn.

Bis 29.10., http://www.mak.at/

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