Salzburger Nachrichten am 23. November 2005 - Bereich: Kultur
"Museum" missbraucht "Museum" sollte nur
heißen, was eine eigene adäquate Sammlung hat und ausstellt. Weil ein
gesetzlicher Schutz fehlt, wird seit 2002 ein Gütesiegel vergeben.
Hedwig KainbergerWien, Salzburg (SN). Immer öfter werden Ausstellungen
oder Häuser, in denen Kunst und Volkskunst gezeigt werden, als "Museum"
bezeichnet, obwohl dies keine Museen im eigentlichen Sinne sind. Mit dem
Museumsbegriff werde Missbrauch betrieben, kritisierte Carl Aigner,
Direktor des Landesmuseums Niederösterreich, am Dienstag im SN-Gespräch.
Als Beispiel nennt er die Initiative "Lange Nacht der Museen", in der
einmal pro Jahr österreichweit allerlei Ausstellungen und Museen bis
spätabends geöffnet sind. Sogar Restaurants oder Bars haben da unter dem
Titel "Museum" ihren Platz. Es sei prinzipiell gut, wenn viele Menschen
zur Besichtigung von Ausstellungen angeregt würden, sagt Aigner. Doch: Es
werde dabei versäumt, zu vermitteln, wie aufwändig und nachhaltig richtige
Museumsarbeit sein müsse. Drei Pflichten: Sammeln, Forschen, Ausstellen Um den Missbrauch des
Museumsbegriffs zu verhindern und um zudem den Museen eine
Orientierungshilfe für die Qualität des Angebotes zu geben, wird in
Österreich seit 2002 ein Gütesiegel vergeben. Die Richtlinien dafür sind
an den Regelungen des 1976 in Paris gegründeten ICOM (International
Council of Museums) orientiert. Diese Berufsvereinigung von Museen und
Museumsfachleuten hat weltweit in 130 Länderkomitees rund 24.000
Mitglieder. In Österreich sind etwa 800 Personen und 50 Institutionen
Mitglieder. Carl Aigner ist seit Jänner 2005 Präsident von
ICOM-Österreich. Für ein Museum im strengen Sinn sind drei Tätigkeiten unverzichtbar:
Sammeln, Forschen und Präsentieren. Eine eigene Sammlung von hoher
Qualität dürfe nicht nur verwahrt werden, sondern müsse gehegt, bearbeitet
und gezeigt werden, erläuterte Aigner. Sie müsse öffentlich sein; ein
Kriterium dafür ist ein Minimum von 130 Öffnungstagen pro Jahr. Und ein
Museum bzw. dessen Sammlung müsse langfristig zugänglich sein, also nicht
nur zur Lebenszeit eines privaten Sammlers. Nicht als Museum gelten vorübergehende Ausstellungen, Erlebnisparks
oder Gedenkstätten. Interessant werde, ob das Salzburger Museum der
Moderne - sollte es sich für das Gütesiegel bewerben - als "Museum"
eingestuft oder als Ausstellungshalle gelten werde, sagte Aigner.
Entscheidend dafür wird, ob die Sammlung adäquat zur Größe des
Ausstellungsraumes ist. Die Gütesiegel für 2005 wurden in der Vorwoche in Salzburg an 18 Museen
verliehen, u. a. an das Freilichtmuseum in Großgmain, das Skimuseum in
Werfenweng, die Lehar-Villa in Bad Ischl und das Technische Museum Wien.
Um das Gütesiegel muss sich eine Institution bewerben, eine Jury aus
Vorstandsmitgliedern von ICOM-Österreich und des Österreichischen
Museumsbundes entscheidet. Aigner zufolge wurden bisher 15 bis 20 Prozent
der Anträge wegen Qualitätsmängeln abgewiesen. Bisher sind 134 Museen in Österreich derart zertifiziert. Dies dürften
ein Drittel jener Institutionen sein, die die Kriterien erfüllten, sagte
Aigner. Bewerbungen für das Gütesiegel des nächsten Jahres sind bis
Februar 2006 möglich. Information: www.icom-oesterreich.at |