Salzburger Nachrichten am 26. Juli 2005 - Bereich: kultur
"Komfortabel, aber einsam" Das Museum Liner in
Appenzell, wo Toni Stooss bis 31.Dezember 2005 der Konservator ist
LASZLO MOLNARAPPENZELL (SN). Ab Jänner 2006 wird Toni Stooss der neue
Direktor des Museums der Moderne in Salzburg. Bis dahin ist er der
"Konservator" des Museum Liner im schweizerischen Appenzell. "Ich habe als
Konservator der Stiftung Liner Appenzell eine komfortable Situation, die
ich wohl bis zur ,Pensionierung‘ weiterführen und ausbauen
könnte", sagte der 59-jährige Stooss im SN-Gespräch nach seiner Salzburger
Bestellung. Das "Museum Liner" ist eine jener geradezu typischen schweizer
Kultureinrichtungen, die sich der Stiftungsfreude wohlhabender Bürger
verdanken. Das Museum in Appenzell zu finden ist keine Schwierigkeit: Aus
dem Prospekt weiß man, dass es in der Nähe zum Bahnhof liegt. Und einmal
in der Stadt angelangt, findet man gleich unter dem Wegweiser zum Bahnhof
auch einer zum Museum Liner. Zur Idylle von schmucken mehrgeschoßigen
Bürgerhäusern im Zentrum und voralpinem Bauen am Stadtrand setzt der
Museumsbau der Zürcher Architekten-Duos Anette Gigon und Mike Guyer einen
scharfen Kontrast: Das Gebäude mit seiner zackigen Fabrik-Kontur der
Sched-Dächer ist ganz mit Edelstahl-Platten verkleidet. Die
Fensteröffnungen sehen von außen wie die Sichtfenster eines Brennofens
aus: Der Bau suggeriert, dass im Inneren nur die Moderne herrschen
kann. Das Museum ist den beiden schweizer Malern Carl Liner Vater und Sohn
gewidmet. Der Vater, Carl August Liner, lebte von 1871 bis 1946 und war
einer der wichtigsten Vertreter der gegenständlichen
nachimpressionistischen Malerei in der Schweiz; sein Sohn Carl Walter
wurde künstlerisch durch seinen Aufenthalt in Paris geprägt; er wandte
sich der gegenstandsfreien, abstrakten Malerei zu und wurde zu einem
Protagonisten des "Art informel" in der Schweiz. Ein anonymer Stifter ermöglichte den Bau des Museums und sorgte dafür,
dass hier rund tausend Werke der beiden Künstler Liner eine Heimat
gefunden haben. Dazu brachte der Stifter eigene Werke aus seiner Sammlung
von Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts ein, darunter Skulpturen und
Gemälde von Hans Arp, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Markus
Lüpertz oder Alexander Calder. Eigener Bestand als Anregung für Neues Die "Stiftung Museum Carl Liner
Vater und Sohn" begnügt sich aber nicht damit, auf den 640 qm des Museums
nur die eigenen Bestände zu zeigen. Diese sollen vielmehr als Anregung und
Ausgangspunkt für die Präsentation der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts
dienen. Der "Konservator", der Stooss in Appenzell seit Anfang 2003 ist, hat im
Museum Liner somit auch die Aufgabe, in den Räumen eine Art Kunsthalle zu
betreiben. Diese Situation ähnelt sehr jener im Salzburger Museum der
Moderne. Gegenwärtig "bespielt" Stooss die zehn Räume des "Hauptgebäudes" - 2003
kam noch die "Kunsthalle Ziegelhütte" in Appenzell, eine zu
Ausstellungshaus und Konzertsaal umgebaute Ziegelfabrik mit weiteren 640
qm hinzu - mit einer Personale des schweizer Bildhauers Hans Josephsohn
(bis 31. Juli). Unter Stooss' Leitung gab es im Museum Liner und in der
Kunsthalle bisher elf Ausstellungen zur Kunst des 20. und 21.
Jahrhunderts, darunter Personalen von Hans Arp, Christian Ludwig Attersee
und Francis Bott. Zum Einzugsgebiet des Museums gehört der nahe gelegene
Bodensee-Raum; zehn- bis fünfzehntausend Besucher kommen im Jahr in die
beiden Häuser. Warum Toni Stooss, der fast 60-jährige Ausstellungsmacher, der einst
Gründungsdirektor der Kunsthalle Wien und später Direktor des Kunstmuseums
Bern war, von dieser künstlerisch abwechslungsreichen Aufgabe "nach
Höherem" auf dem Berg strebt? Der Posten sei "schön, aber einsam", sagte
er zu seiner Arbeit im friedlichen Ort Appenzell.Information: Museum Liner
und Kunsthalle Ziegelhütte, CH 9050 Appenzell, geöffnet April bis Oktober
Di bis Fr 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, Sa und So 11 bis 17 Uhr; November
bis März Di bis Sa 14 bis 17 Uhr, So 11 bis 17 Uhr; www.museumliner.ch.
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