Quer durch Galerien
Zu tief in den Kanal geschaut
Von Claudia Aigner
Wenn einer kurzentschlossen sein Fahrrad hinschmeißt, einen
Kanaldeckel hebt und dann zielgenau seinen kompletten Gesichtssinn
einlocht (wohlgemerkt auf offener Straße, obwohl er doch sicher daheim
einen viel privateren Kanalanschluss hat, noch dazu einen mit Spülknopf),
dann ist das . . . eine Zwangshandlung? Eine Identitätskrise? Eine Partie
Kanalarbeiter-Golf (wie auch immer man das spielt)? Oder hat der
Kanalgucker ein spontanes Anonymitätsbedürfnis gehabt und sein Antlitz,
den unverblümtesten Träger seiner Identität, sprich Wiedererkennbarkeit,
schlicht aus dem Verkehr gezogen und den unverdächtigen Rest draußen
gelassen? Nein, eher nicht. Im Zweifelsfall war halt der Erwin Wurm
da, der ja schon gewohnheitsmäßig Leute zu eklatant wunderlichen
Handlungen anstiftet. Und hat jemandem verkündigt: "Steck deinen Kopf ins
nächstbeste Loch und denk für eine Minute an Wittgenstein - dann bist du
eine Minute lang Kunst." Und die Kunst hat sich dann vielleicht gedacht,
Aug in Aug mit dem öffentlichen "Verdauungsapparat": "Die Grenzen meines
Stoffwechsels sind die Grenzen meiner Welt." Stimmt, denn soweit unsere
Verdauung reicht, reicht auch unser Imperium. Wir sind schließlich alle
Abwasser-Imperialisten. Falsch. Vielmehr hat Martin Kollár (bis 13.
April im artLab, Dorotheergasse 12) streng dokumentarisch die
"Ostmenschen" abgelichtet, vor allem seine Landsleute, die Slowaken. In
exzentrisch banalen, manchmal geradezu ethnologischen Momenten. Etwa wenn
eine Horde der "edlen wilden Slowaken" (zumindest ein Bub trägt
Federkopfschmuck), also wenn Indianer der Asphaltprärie die ganze
Marktwirtschaft brüskieren und pittoresk- amorphe Lebensmittelbröckerln in
ihr Lagerfeuer tunken, während im Gebäude hinter ihnen wohl gerade der
große Einkaufswagerl-Treck heroisch kapitalistisch zur Supermarktkassa
zieht. Ein beinah schon fatalistisch lauschiges Genrebild: Hinten ist
fast beiläufig ein tragisch gescheiterter LKW von der Straße gekippt. Vorn
freilich prominent im Bild: ein bukolisch ignoranter Zwetschkenbaumzupfer
(oder ein Blattlausvoyeur, aber ich kenn' ihn ja nicht), der in
selbstvergessener Zwetschken- oder Blattlausseligkeit neckisch mit den
Fingern das Laub zwickt. Ungefähr wie bei Brueghel, wo Ikarus, der aus
seiner Flugbahn herausgeköpfelt ist, ja auch als Nebensächlichkeit im Meer
versinkt und daneben Bauer, Schäfer und Fischer idyllisch arbeitskräftig
bleiben und jegliches Lamentieren boykottieren. Nicht die dezenteste
elegische Depression. Tja, Kollár hat wahrlich ein Auge für kuriose
Alltagsbizarrerien. Und für die offenbar begnadet situationskomischen
Slowaken. Schwer enttäuscht (bis zur Untröstlichkeit) bin ich von
Allen Jones. Von seinen Tanzpaaren aus Stahl, wo zwei schablonenhafte
Leiber ziemlich schwerfällig ihre Anatomien vermengen. Die Bemalung wirkt
auch eher plump. Da ist sein virtuos differenzierter Pinsel eben nicht
angesprungen, der sonst so reizvoll vom poppig Plakativen ins Legere oder
"zartschmelzende" Malerische übergeht. Gewissen Trost finde ich bei seinen
brettlebenen Malereien. Die sind noch immer sexy. Bis 10. April beim
Hilger (Dorotheergasse 5).
Erschienen am: 19.03.2004 |
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