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21.08.2003 - Ausstellung
Wisch und nicht weg
Die Geister, die er rief: Thean Chie Chan zeigt im Kloster Pernegg "Köpfe".
VON ALMUTH SPIEGLER


Grau in grau, nicht weiß, nicht schwarz, weder Fisch noch Fleisch, aber durchaus elegant. Grisaille nennt die Kunstgeschichte diesen Malerei-Stil, in der Renaissance zur Simulation von Relief und Skulptur beliebt, im 17. Jahrhundert dann der letzte Deko-Schrei der Innenarchitekten.

1993 reiste der 20jährige Thean Chie Chan von Malaysia nach Wien, um an der Universität für angewandte Kunst Malerei zu studieren. Die Klasse von Christian Ludwig Attersee wurde sein künstlerischer Hafen. Den Lehrer kennt man Chans Kunst jedenfalls nicht an - nicht bunt, sondern grau lautet die Devise. Er spannt den Bogen zwischen asiatischen Wurzeln und europäischer Tradition - "Grisaille trifft Mao" wäre zu platt.

Um Porträts aber kreisen Chans quadratische Acryl-Bilder. Nach Fotografien von Freunden lässt er geisterhaft Augen, Mund, Ohren, verschwommene Umrisse aus dem Grau hervortreten. Verwischt, verwaschen, ausgebleicht wirken die Gesichter wie flüchtige Abdrücke aus einer anderen Sphäre in unsere Wahrnehmung gerettet. Meist glaubt man asiatische Physiognomien zu erkennen, doch sicher ist man sich nicht - auch nicht im Kloster Pernegg im Waldviertel, wo Thean Chie Chan zur Zeit in einem Flügel des Kreuzgangs seine Köpfe präsentiert. Die Ausstellung "inzwischen" ist Begleitprogramm zur "6. Globart Academy", die von 28. bis 31. August hier im Kloster stattfindet.

In der völligen Ruhe und Abgeschiedenheit ist es leicht, vor den Bildern in meditativ-romantische Verklärung zu verfallen. Trotz der oberflächlichen Ähnlichkeit und Wiederholung der Motive aber treten in dieser Zusammenstellung von jüngeren und älteren Arbeiten Unterschiede stark heraus.

Der Künstler schient sich an einem Scheideweg zu befinden: Seine früheren Porträts behalten ihr Geheimnis noch streng für sich. Die Grauschattierungen sind nebelhaft zart, der Schleier wird nicht gelüftet. In den neueren Bildern treten einzelne Merkmale betont an die Oberfläche - hier ein Stirnansatz, die Haare, die Konturen werden klar. Wohin will Chan jetzt also gehen? Ins zur Zeit gerade sehr aktuelle Gegenständliche? Seine abstraktere Phase hatte jedenfalls mehr Kraft. Doch noch scheint nichts entschieden.

Wer sich selbst für eines von Chans Bildern entscheiden möchte - Zeit und Preise sind noch günstig: Die Galerie Krinzinger bot heuer in ihrem "Projekte"-Raum die "Köpfe" um je 2000 Euro an.

Bis 31. August. Tägl. 9-17 Uhr.



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