Grau in grau, nicht weiß, nicht schwarz, weder Fisch noch Fleisch, aber
durchaus elegant. Grisaille nennt die Kunstgeschichte diesen Malerei-Stil,
in der Renaissance zur Simulation von Relief und Skulptur beliebt, im
17. Jahrhundert dann der letzte Deko-Schrei der Innenarchitekten.
1993 reiste der 20jährige Thean Chie Chan von Malaysia
nach Wien, um an der Universität für angewandte Kunst Malerei zu
studieren. Die Klasse von Christian Ludwig Attersee wurde sein
künstlerischer Hafen. Den Lehrer kennt man Chans Kunst jedenfalls nicht an
- nicht bunt, sondern grau lautet die Devise. Er spannt den Bogen zwischen
asiatischen Wurzeln und europäischer Tradition - "Grisaille trifft Mao"
wäre zu platt.
Um Porträts aber kreisen Chans quadratische Acryl-Bilder.
Nach Fotografien von Freunden lässt er geisterhaft Augen, Mund, Ohren,
verschwommene Umrisse aus dem Grau hervortreten. Verwischt, verwaschen,
ausgebleicht wirken die Gesichter wie flüchtige Abdrücke aus einer anderen
Sphäre in unsere Wahrnehmung gerettet. Meist glaubt man asiatische
Physiognomien zu erkennen, doch sicher ist man sich nicht - auch nicht im
Kloster Pernegg im Waldviertel, wo Thean Chie Chan zur Zeit in einem
Flügel des Kreuzgangs seine Köpfe präsentiert. Die Ausstellung
"inzwischen" ist Begleitprogramm zur "6. Globart Academy", die von
28. bis 31. August hier im Kloster stattfindet.
In der völligen Ruhe und Abgeschiedenheit ist es leicht,
vor den Bildern in meditativ-romantische Verklärung zu verfallen. Trotz
der oberflächlichen Ähnlichkeit und Wiederholung der Motive aber treten in
dieser Zusammenstellung von jüngeren und älteren Arbeiten Unterschiede
stark heraus.
Der Künstler schient sich an einem Scheideweg zu
befinden: Seine früheren Porträts behalten ihr Geheimnis noch streng für
sich. Die Grauschattierungen sind nebelhaft zart, der Schleier wird nicht
gelüftet. In den neueren Bildern treten einzelne Merkmale betont an die
Oberfläche - hier ein Stirnansatz, die Haare, die Konturen werden klar.
Wohin will Chan jetzt also gehen? Ins zur Zeit gerade sehr aktuelle
Gegenständliche? Seine abstraktere Phase hatte jedenfalls mehr Kraft. Doch
noch scheint nichts entschieden.
Wer sich selbst für eines von Chans Bildern entscheiden
möchte - Zeit und Preise sind noch günstig: Die Galerie Krinzinger bot
heuer in ihrem "Projekte"-Raum die "Köpfe" um je 2000 Euro an.
Bis 31. August. Tägl. 9-17 Uhr.
© Die Presse | Wien