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18.07.2003 19:22

Albertina: Kaum Glück und kein Klee
Direktor Schröder kündigte Mitarbeiter und sagte weitere Ausstellung ab - Muttonen fordert Rechnungshof-Prüfung, Schröder entgegnet - Foto



Wien - Obwohl sich das Bildungsministerium kürzlich bereit erklärte, die Basisdotierung für die mit Finanzproblemen kämpfende Albertina von 5,1 Millionen Euro um deren 600.000 zu erhöhen, sind die Sorgen von Direktor Klaus Albrecht Schröder nicht wesentlich kleiner geworden. Denn das Kuratorium bestand darauf, dass eine Rücklage in der Höhe einer halben Million gebildet werden müsse.

Schröder hatte eigentlich mit einer Erhöhung um 2,1 Millionen Euro gerechnet, da diese Summe als dringend benötigter Mehrbedarf bezeichnet worden war. Das diesjährige Budget bleibt daher, auch wenn die abgelaufene Munch-Retrospektive (rund 257.600 Besucher) höchst erfolgreich war, weiter angespannt.

Neben einer bereits abgesagten Ausstellung der Albertina-Highlights (mit Originalen - im Gegensatz zur laufenden Schau, die lediglich aus Reproduktionen besteht) musste der Direktor nun auch Paul Klee und seine Zeit streichen. Die Ausstellung hätte von 6. Februar bis 2. Mai 2004 laufen und danach im Guggenheim Bilbao gezeigt werden sollen. Leihgaben (u. a. der Klee-Stiftung in Bern) sollten in dieser mit hauseigenen Exponaten ergänzt werden.

Zudem wurden eine Kuratorin und die Ausstellungsmanagerin der Albertina gekündigt. Einige Mitarbeiter konfrontierte Schröder mit Änderungskündigungen; mehrere Zeitverträge ließ er auslaufen. Von den Sparmaßnahmen sind insgesamt 13 Personen betroffen. Eine zweite Kündigungswelle, vom Personal befürchtet, schließt Schröder gegenüber dem STANDARD aus. Die Albertina werde heuer auf einen Eigendeckungsgrad von 50 Prozent kommen. Diesen exzellenten Wert erreiche kein anderes Bundesmuseum.
(Thomas Trenkler/ DER STANDARD, Printausgabe, 18.7.2003)

Muttonen fordert Rechnungshof-Prüfung


Anlässlich der weiteren Ausstellungs-Absage wirft SPÖ-Kultursprecherin Christine Muttonen der Museumspolitik der Bundesregierung "Versagen und Chaos" vor. Die Finanzsituation der Bundesmuseen sei "mehr als unbefriedigend". Die Ereignisse in der Albertina würden eine "genauere Überprüfung durch den Rechnungshof" erfordern.

"Allein die Ereignisse der letzten drei Wochen in der Wiener Albertina stellen ein Sittenbild von Planlosigkeit, Chaos und fehlender Aufsicht dar, welches dringender Untersuchung bedarf", so Muttonen am Freitag in einer Aussendung. Hier räche sich, dass die für die Museen zuständige Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) "noch immer kein Gesamtkonzept für die österreichische Museumslandschaft" vorgelegt hat.

Es sei "verabsäumt worden, Vorgaben für ein klares Profil der einzelnen Häuser und eine bessere Koordinierung der Aktivitäten der einzelnen Museen zu definieren", meinte die SPÖ-Kultursprecherin: "Ganz abgesehen davon, dass wir uns auch international mit dieser Absage lächerlich machen, stellt sich die Frage, welche Kosten bis jetzt für das nun stornierte Ausstellungsprojekt entstanden sind".

Replik von Schröder


Als einen "hilflosen Hilferuf nach dem Rechnungshof" wies der Albertina-Direktor Schröder die Kritik Christine Muttonens zurück. Von Planlosigkeit könne keine Rede sein, die Positionierung des Hauses sei schneller als erwartet gelungen, dadurch könne das "ambitionierte Ausstellungsprogramm" adaptiert werden. Die Albertina könne es sich freilich wegen Geldmangels nicht leisten, parallel zwei wichtige Ausstellungen zu machen.

Die nun abgesagte Paul Klee-Ausstellung wäre gleichzeitig mit der geplanten Rembrandt-Ausstellung (2. April bis 4. Juli 2004) gezeigt worden, was "die doppelten Kosten, aber sicher nicht den doppelten Ertrag" gebracht hätte.

Ausstellungsprogramm adaptieren

Schröder kündigte an, er werde das Ausstellungsprogramm adaptieren und die Hauptausstellungen erweitern, jedoch keine Parallel-Ausstallungen mehr ansetzen: "Andere Bundesmuseen können sich das leisten. Wir leider nicht". Die Albertina müsse mit jeder einzelnen Ausstellung ein Plus erwirtschaften, so Schröder, der die Differenzen mit Bildungsministerin Gehrer über die benötigte Budgethöhe der Albertina "nicht monatelang immer wieder aufwärmen" will. Mit der Munch-Ausstellung habe man ein Plus von einer Mio. Euro erwirtschaftet.

Die "vor Monaten" ausgesprochenen Kündigungen von Mitarbeitern seien die "äußerste Maßnahme des Sparens", jedoch sei in der Kritik nicht berücksichtigt worden, dass die Albertina gleichzeitig Personal aufnehme. Publikumsbetreuung und Sicherheitspersonal werden derzeit erweitert. Die Veränderungen im Ausstellungsplan machen Abbau in diesem Bereich, dessen Personalstand auf das "ambitionierte Ausstellungsprogramm" zugeschnitten gewesen war, nötig. "Personalstand ist kein Selbstzweck", sondern müsse den veränderten Erfordernissen angepasst werden.

Der vielfach geäußerte Vorwurf, dass die Ausstellungen der Albertina nicht auf ihre eigene Sammlung zugeschnitten seien, sei ein "Missverständnis", aus dem "ungerechtfertigte Verdächtigungen" herrühren. "Dies beruht darauf, dass die Politiker keine Vorstellung davon haben, wie breit die Sammlung der Albertina ist".

Die Oppositionsparteien würden in ihrer Kritik an der Albertina versuchen, "politisches Kleingeld" zu schlagen. Vielen Politiker "aller Couleurs", die jetzt "Krokodilstränen weinen", war der Zustand der Albertina in den vergangenen Jahren "schnurzpiepegal", so Schröder.

Die abgesagte Klee-Ausstellung sei so kurzfristig angesetzt worden, weil nach der Eröffnung des Klee-Museums in Bern 2004 ein fünfjähriges Verleihmoratorium ausgesprochen und daher keine Ausstellungen möglich sein werden. Mit dieser Absage habe man sich international keineswegs "lächerlich" gemacht, wie Muttonen kritisiert. "Die Gefahr, dass wir uns lächerlich machen, besteht nur bei Unterinformation. Wenn man sich nicht auskennt, soll man bitte nicht den Rechnungshof, sondern den Albertina-Direktor anrufen".

ÖVP-Kultursprecherin Andrea Wolfmayr meint indes, dass Muttonen ihre Kritik an Gehrer "an die falsche Stelle" richte. Durch die Ausgliederung der Bundesmuseen sei eindeutig festgelegt, dass jedes Museum selbst für inhaltliche Belange verantwortlich ist. (APA)


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