ARIANE GRABHER
Bregenz (VN) "Hereinspaziert und Hosen runter . . ." - schöner
kann eine Ausstellung kaum beginnen. Unter dem skurrilen Titel
"Chinese Synthese Leberkäse" inszeniert das umtriebige Künstlerlabel
"gelitin", eine Mischung aus Spaßfraktion und Boygroup,
im Bregenzer Kunsthaus seine erste Museumsausstellung.
"gelitin", ehemals "gelatin", das sind Wolfgang Gantner, Ali
Janka, Florian Reither und Tobias Urban. "gelitin" das sind
choreografierte Auftritte und improvisierte Aufbauten, billiges
Material und eine Riesenidee, Poesie und Provokation.
Mit Installationen, die den Körper neu spürbar machten und in
einer Welt, in der man alles schon einmal gesehen hat, Erfahrungen
aus erster Hand vermittelten, wurde die Künstlergruppe bekannt.
Oversexed
Allerdings scheint "gelitin" derzeit in einer anal geprägten
künstlerischen Phase zu stecken, die den Körper und seine Funktionen
so stark thematisiert, dass es mitunter fast pubertär oversexed
wirkt.
Diesbezüglich hat es schon der Auftakt in sich, wo mit großer
Kelle angerichtet wurde. Ein Hochsitz mit Klo samt Spiegeloptik lädt
zur Betrachtung der "kleinen braunen sonne" ein, Stellwände mit
Gedichten aus den Buchstaben des "Kackabets" (wieso eigentlich nicht
Anal-phabet?) liefern, hart an der Ekelgrenze, die Inspiration.
Der "Pietmondriansaal" bietet mit großformatigen Plastilinbildern
einem Anflug von klassischer Malerei Paroli, während die lustig
umgesetzte Idee eines Cineplex mit drei verschieden ausgestatteten
Kinosälen die Etage darüber füllt.
Gebaut als ein Bretterverschlag mit Materialien aus Bregenzer
Sperrmüll, läuft im Programm "das doppelte fäustchen", eine nicht
jugendfreie Entdeckungsreise in den Körper.
Barfuß im Schlamm
Mehr Freude verspricht dagegen der Schlammsaal samt
Schlamm-Vulkan. Mit bloßen Füßen darf/soll der Besucher im
Moorschlamm planschen. Den gesundheitlichen Effekt darf man dabei
vergessen, denn nach dem zuvor Gezeigten gehen die Assoziationen in
eine ganz andere Richtung.
Medienwirksam und mit viel Klamauk inszeniert, das Kunsthaus in
einen Verdauungsapparat verwandelnd, findet in diesem Ambiente heute
Abend zur Eröffnung der "Fusionsreaktor" statt, unter Mitwirkung von
"gelitin" und einer Reihe von eigens für den längsten Aufbau in der
Geschichte des KUB angereisten Künstlern.
"gelitin", das ist Kunst zum Selbsterleben. Ob man Spaß hat
dabei, hängt definitiv davon ab, wie offen man ist und wie weit man
sich auf die Dinge, die da auf einen zukommen, einlassen kann. Denn
wo traditionelle Positionen und Begriffe künstlerischen Schaffens
lustvoll und anarchisch schachmatt gesetzt werden, greifen weder die
üblichen ästhetischen Filter, noch Versuche der Distanzierung.
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