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02.05.2003 - Ausstellung
Die ganze Welt im Schwindel
In einen psychedelischen Traum aus Frottee und Spanplatten entführen Peter Kogler und Marcus Geiger in der Wiener Bawag Foundation.
VON ALMUTH SPIEGLER


Komm mit mir ins Abenteuerland, sangen "Pur" Mitte der beliebigen neunziger Jahre - "der Eintritt kos tet den Verstand". Auch im neuen Jahrtausend ein gern gehörter Ruf zurück in fröhliche Naivität, die auch der Kunst eine unterhaltende Oberfläche leihen kann - falls sie wirklich gut gedacht ist. "Wirklich" ist zwar eigentlich gar nichts in der neuen Gemeinschafts-Produktion von Peter Kogler und Marcus Geiger - beide so etwa Mitte Vierzig - in der Bawag Foundation. Aber das Dream-Team der österreichischen Kunstszene wirft seine prominenten Namen nicht umsonst in unregelmäßigen Abständen auf einen Haufen. Heraus kommt bestechend Positives, öffentlich bisher eher Unbedanktes, was sich diesmal ändern wird mit dem koketten "Hallo Bawag" - einem aus Sicht des Sponsors so schmeichelndem wie drohenden Ausstellungs-Titel.

Fürchten braucht sich aber niemand, weder vor sperrigen Konzepten noch vor naserümpfenden Verkäuferinnen. Obwohl die Bawag Foundation nach außen hin zur exzentrischen Nobel-Boutique gestylt scheint. Kunst oder Schaufensterdeko, ein Wirrwarr roter Neonröhren, der Hintergrund aus Klopapier-Streifen, davor Puppen in Frottee-Anzügen von Geiger, dazu passend-wollige High-Heels. Der neueste Schrei? Warum nicht. Ein schmusiges Material, das gelassen zwischen Baby-Latz und Louise Bourgeois schlingert. Zum Probieren bitte ins Untergeschoß, wo sich von Kogler bedruckte Plastikplanen zur spacigen Ankleidekabine schließen. Eine Art Tornado zieht hier herunter, ein Schlauch aus Stoff endet wie eine Kinderrutsche in einer gemütlichen Teppich-Höhle, einem Spiele-Disco-Keller mit psychedelischer Drehscheibe und Lampen aus Plastikkübeln, die an Brancusis endlose Säule erinnern.

Doch vorher heißt es Bummeln auf der schrägen Ausstellungs-Rampe der Foundation. Gemischte Ware lagert hier in einem verwinkelten Einbau aus simplen Spanplatten von Geiger. Ein roter Druck mit Koglers krabbelndem Markenzeichen, Ameisen auch über einem gelben Plastikhandschuh, eine Garnitur flauschiger Handtücher in Pastellfarben. In einer Vitrine skurrile Kleinteile, ein Pinocchio-Vogelhäuschen im Glaskubus, abstrakte Bilder und Plakate mit einer Art "Kogler-Man" in engem Catsuit an den Wänden, oben drauf ein riesiger Fussball aus rosa Frottee, gebastelte Architekturmodelle, ein gefälschter Seesack von Chanel. Es befällt einen ein leichter Schwindel vom rauf-, runter-, reinschauen bis man verblüfft in das Ende des Raumschlauchs auf einen Holzboden gespuckt wird.

Der Blick muss sich an die Klarheit gewöhnen. Noch steht hier ein Rednerpult, wohl Relikt der Vernissage - oder doch verschmitzte Aufforderung für eine kurze Rede über die Lage der Spielzeugnation? Als Kulisse dazu schwebt im Hintergrund gleich der ganze Erdball, von Kogler nach Lust und Vergnügen beschleunigt und angehalten. Daneben ein Block von zehn Fernsehschirmen, wo ein Gehirn pulsiert, sich eine Waschtrommel dreht und Wortsilben sich zu Wörtern hinreissen lassen - "Ok, Dep, Hallo". Ja, Hallo Kogler, Hallo Geiger, das war genial und hat uns unglaublich gefreut.

Bis 29. Juni, tägl. 10-18 Uhr.



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