VON ARIANE GRABHER
Bregenz (VN) Das Ding im Kunsthaus ist
groß und silbern. Was aussieht, als wäre es wie ein perfektes
Geschenk fertig vom Himmel gefallen, wurde zur Architekturskulptur
zusammengefügt und ist ab heute begehbar.
Das "Wave UFO" von Mariko Mori entführt als
futuristisches Gesamtkunstwerk, das physische, mentale und
ästhetische Erfahrungen vernetzt, aus der Realität des Alltags
in einen spirituellen Kosmos.
Wieder einmal gibt die Architektur des Kunsthauses in ihrer
vertikalen Staffelung die Dramaturgie vor. Den Prolog bildet ein
lichtverheißendes Modell im Foyer, es folgen Bilder und Zeichnungen
sowie eine Gruppe von "Aliens", bevor man ganz zuoberst auf das
Kernstück der Schau, das walförmige "Wave UFO", trifft.
Ein Leben lang verbunden
Hat sich Mariko Mori in früheren Arbeiten häufig selbst
inszeniert und in überladenen, symbolischen Bildern agiert, so
scheint sie in ihren aktuellen Arbeiten als Person nicht mehr auf.
Weniger plakativ, subtiler, verinnerlichter wirken die neuen Werke,
die durch diese Zurückhaltung prompt an Kraft gewinnen.
So scheinen die kreisrunden visionären Bilder und Zeichnungen der
Serie "Connected World" zunächst zwar vielleicht etwas dünn,
erschließen sich aber als "Storyboards" (Drehbücher). Die
sechsteilige Gruppe der sich an den Händen fassenden Aliens
symbolisieren die von der Künstlerin allzeit angestrebte "Oneness"
(Einheit) und fordern sie auch von den Besuchern: berührt man die
Herzen der süßen Spielzeug-Cyborgs, beginnen sie zu leuchten.
Die Idee von Einheit, einer gemeinsamen Vision und die
Vorstellung, dass alle Lebewesen miteinander verbunden sind, ein
Leben miteinander teilen, liegt dem "Wave UFO" zugrunde. Da
Kommunikation auf sprachlicher Ebene nicht immer einfach ist, setzt
die Künstlerin im Hightech-UFO auf lautlose Vereinigung, auf
modernste Biofeedback-Technologie und das Messen der Gehirnströme.
Mit Sensoren ausgestattet, alles hinter sich zurücklassend (auch die
Straßenschuhe, analog zur japanischen Tradition) nimmt man jeweils
zu dritt in den Liegen im Bauch des "Fisches", wie dereinst Jona,
Platz. Die verschiedenen Frequenzbereiche der gemessenen Hirnströme
reflektieren Zustände von Angst bis Traum und generieren dergestalt
verschiedene Farben bzw. Linien, im UFO als Echtzeit-Animation
dargestellt.
Flucht aus der Realität?
Was der Reisende während dieser sieben Minuten im
spirituellen Kosmos erlebt, hängt von der Bereitschaft ab, sich auf
die Situation und die Bilder einzulassen. Sieben Minuten
Glückseligkeit, eine kleine Flucht aus der Realität?
Mori: "Das, was wir als Realität bezeichnen, ist bereits
Illusion. Die Realität ist nicht ein- sondern mehrdimensional, und
die Menschen besitzen seit Anbeginn die Fähigkeit, durch ihr Denken,
ihr Bewusstsein, von einer Welt in eine andere zu gelangen. Ich
glaube, dieser innere Raum, diese innere Zuflucht, macht einen
wesentlichen Teil des Menschen aus. Das ist keine Flucht, sondern
eine Notwendigkeit."
Elfenhaft, sanft und höflich, ganz in Weiß gekleidet steht Mariko
Mori vor ihrem Werk. Wissenschaft und Philosophie, westliche
Exaltiertheit und östliche Esoterik in sich bündelnd, lässt man sich
gerne auf diese außergewöhnliche Erfahrung ein, mit dessen Premiere
dem Kunsthaus Bregenz abermals ein Coup gelungen ist.
Die Ausstellung "Wave UFO" von Mariko Mori ist im
Kunsthaus Bregenz bis 23. März zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag
bis Sonntag 10 bis 20, Donnerstag 10 bis 21 Uhr.
Das ,Wave UFO` erfüllt die Idee des Gesamtkunstwerkes.
ECKHARD SCHNEIDER KUB-DIREKTOR
Ich glaube, dieser innere Raum, diese innere Zuflucht macht
einen wesentlichen Teil des Menschen aus.
MARIKO MORI
Zur Person