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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
18. Oktober 2006
19:51 MESZ
Foto: Sotheby's
Vergleichbare Exponate im französischen Cloisonné-Stil zeigten Daubron Frères 1878 in Paris.

Neuer Umsatzbringer
Die erste war 1851 in London. Bei Sotheby's schafft das Themengebiet Weltausstellung nun den Sprung von der Fußnote in die Auktionsliga

London - Inmitten von Varietés und exotischen Restaurants schuf Chefarchitekt Carl von Hasenauer ein Wahrzeichen der ersten Weltausstellung auf deutschsprachigem Boden: Im Frühsommer 1873 war die Rotunde jedenfalls der Mittelpunkt der Welt. Gewissermaßen. Denn es war auch stets eines der Ziele der jeweiligen organisierenden Nation, die vorangegangenen Veranstaltungen nicht nur architektonisch zu übertreffen. Ein Monsterprojekt. In Wien wurde es von einem Börsenkrach und einer Choleraepidemie begleitet, die statt der erwarteten 20 Millionen Besucher nur 7,25 Millionen bescherte. Das Defizit nach sechsmonatiger Laufzeit betrug stolze 14,87 Millionen Gulden, der größte finanzielle Verlust in der Weltausstellungs-Geschichte.

Soziale Probleme waren die Folge: Während der Ausstellung stiegen die Mieten und die Kosten für Lebensmittel immens, nach dem Abbau dann die Arbeitslosigkeit. Lediglich für Luxus und Repräsentation, so die Kritik am Regime, hätte man finanziellen Aufwand getrieben. Zumindest eine 66-köpfige Delegation japanischer Ingenieure zeigte sich begeisterungsfähig. Im Anschluss an den Wien-Besuch berichteten sie in 96 Bänden über die technischen Fortschritte in Europa, weiß Nette Megens, Expertin im Glas- und Keramik-Department bei Sotheby's.

Für sie und ihre Kollegen aus den Fachbereichen war die Arbeit zu dieser Spezialauktion gerade aufgrund der unterschiedlichen Disziplinen besonders spannend. In den vergangenen Jahren wurden nun mehr als 170 Kunstwerke zusammengetragen, die entweder nachweislich auf einer Weltausstellung präsentiert worden waren oder in engem Bezug stehen. Am 31. Oktober wird damit der Sprung von der ewigen Fußnote in den Literaturangaben in eine höhere Liga des Kunstmarktes besiegelt.

Die 15 Stationen beginnen bei der Premiere in London 1851 und reichen über Wien 1873 oder Turin 1902 bis zur legendären Schau in Paris 1925. Bisweilen, so Nette Megens, waren die Recherchen recht aufwändig. Vor allem bei Objekten, von denen aus der Annahme erst der Beweis abgeleitet werden musste, dass sie bei einer der Ausstellungen zu sehen waren.

In Zusammenarbeit mit dem Hulton Archiv und Getty Images wurde man in manchen Fällen in den Archiven fündig. Etwa bei der lebensgroßen Statue Charlotte Cordays von Pasqualie Miglioretti, die ihren Auftritt 1865 in Dublin hatte und nun für taxierte 59.500 bis 89.000 Euro den Besitzer wechseln wird.

Die Wiener Weltausstellung ist mit dem Silber-Tafelaufsatz La Musique et la Danse von Cristofle vertreten (67.000-82.000). Als Nation wird Österreich von J. & L. Lobmeyr und damit von jener Glasdynastie repräsentiert, die nicht nur von ihrem Debüt in London 1862 erfolgreich heimkehrte. In Paris 1878 sorgten die von Johann Machytka und Franz Schmoranz entworfenen Henkelvasen mit in arabischem Stil für Furore (74.500-104.000). (Olga Kronsteiner/ DER STANDARD, Printausgabe, 19.10.2006)


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