Kunst in die
Stadtgespräche schleusen Neues Domizil
Zwischenbilanz Kölnischer Kunstverein:
Nach Umzug und Umbau ist jetzt das neue Domizil »Brücke«
dauerhaft gesichert und Direktorin Kathrin Rhomberg kann sich
verstärkt der Programmarbeit widmen.
![Warten auf die Kunst: Roman Ondáks inszenierte Menschenschlange bei der Gruppenausstellung im Sommer 2003.](00061916-Dateien/ku0404_aufmacher.jpeg) Foto: Boris
Becker Warten auf die
Kunst: Roman Ondáks inszenierte Menschenschlange bei der
Gruppenausstellung im Sommer 2003.
StadtRevue: »Scharfgestellt«:
Was ist nun mit dem Kunstverein? Der Mietvertrag ist klar, die
Budgetunsicherheit scheint vorerst überwunden und der Einzug
ist im Groben geschafft ...
Kathrin Rhomberg:
Die Zukunft des Kunstvereins ist durch den Ratsbeschluss
vom 12. Februar weitgehend gesichert: Der Mietvertrag für die
»Brücke« zwischen der Stadt Köln und dem Kunstverein weist
eine Laufzeit von 30 Jahren auf. Wir sind also endlich wieder
in der Lage, längerfristig vorausplanen zu können. Die
Budgetunsicherheit ist damit allerdings noch nicht überwunden,
da wir etwa für das laufende Jahr noch keine feste
Subventionszusage der Stadt haben. 100.000 Euro für 2003
wurden erst letzten Herbst genehmigt und sind immer noch nicht
in Gänze eingegangen. Der selbe Betrag ist für 2004 in
Aussicht gestellt, was aber noch alle zuständigen Gremien
positiv durchlaufen muss. D.h. wenn alles klappt, werden wir
wieder circa 550.000 Euro selbst durch Beiträge, Sponsoren und
andere Leistungen erwirken müssen. Dort hin geht weit mehr als
die Hälfte aller unserer Kraft.
Wie hart das werden
würde in Köln war nicht zu erwarten? Was war das für eine
Gemengelage, die Sie hier in einen kritischen Start
zwang?
Bei dem, womit ich mich im Kunstverein
zuallererst konfrontiert sah, als ich vor zwei Jahren kam,
handelte es sich vor allem um die dringende institutionelle
Sicherstellung der Zukunft des Kunstvereins. Fragen der
Programmgestaltung, wie sie üblicherweise im Mittelpunkt der
Arbeit jeden Kunstvereinsleiters stehen, mussten angesichts
der prekären Situation rund um den Abriss des alten
Kunstvereinsgebäudes und des nicht gewährleisteten Neubaus des
Kulturzentrums am Haubrichhof vorerst zurückstehen. Die
dringlichste Aufgabe bestand also darin, einen Ort für den
Kunstverein im Zentrum der Stadt zu finden, an dem er
gegebenenfalls auch für lange Zeit bleiben konnte. Was uns nun
mit dem Mietvertrag für die »Brücke« gegen alle Widerstände
auch gelungen ist.
Es gab auch einen klaren
Programmunterschied. Sie arbeiten mehr thematisch, das
Hauptthema ist Migration, die auch ein Schwerpunkt der
städtischen Bewerbung zur Kulturhauptstadt sein soll. Der
Kunstverein liegt also hier programmatisch vorne. Gibt es eine
gemeinsame Strategie?
Die Entscheidung für eine
öffentliche Auseinandersetzung mit dieser Thematik hat nahe
gelegen für eine Institution wie den Kunstverein, der antritt,
Wirklichkeit durch die zeitgenössische Kunst erfahrbar zu
machen. Die Vortragsreihe zur aktuellen Architektur beleuchtet
z.B. das Phänomen der zunehmenden Teil- und Unsesshaftigkeit
und die damit eintretenden Veränderungen in unseren Städten.
Migration ist aber keineswegs das Hauptthema des Kunstvereins:
Die Vorträge und Kinoreihen zum Thema sollen lediglich auf die
große Ausstellung 2005 vorbereiten, die gemeinsam mit DOMiT
(Dokumentationszentrum und Museum über die Migration aus der
Türkei e.V.) und dem Kulturanthropologischen Institut der
Universität Frankfurt erarbeitet und an verschiedenen Orten
der Stadt Köln gezeigt wird. Sollte Migration tatsächlich
thematischer Schwerpunkt der Bewerbung Kölns als europäische
Kulturhauptstadt sein, könnte das mehrjährige Projekt des
Kölnischen Kunstvereins, das von der Kulturstiftung des Bundes
gefördert wird, eine bedeutsame Vorbereitung dafür darstellen.
Bislang gibt es aber noch keine Pläne für eine diesbezügliche
Kooperation.
Sie wollten anfänglich eine enge
Vernetzung zu den verschiedenen Initiativen in der Stadt. Das
hat gewisse Erwartungen geweckt. War das möglich, gibt es noch
Defizite?
Wo Vernetzungen gelingen, passieren sie
meist unspektakulär. Vernetzungen generieren Transfers von
Interessen, Wissen und Zugängen; in den besten Fällen lassen
sie Projekte entstehen, die einzelnen Institutionen allein
nicht möglich wären. Zuletzt ist es etwa in einer Kooperation
von Kunstverein und Imhoff Stiftung gelungen, 20 mietfreie
Künstlerarbeitsräume für junge in Köln lebende Künstler und
Kulturschaffende in der »Brücke« und im Schokolademuseum zu
schaffen. Sie wurden von einer internationalen Jury vergeben
und sind ab Juli beziehbar. Damit werden Zeichen gesetzt, dass
junge Künstler hier erwünscht sind und bleiben sollen. Die
Ateliernutzung stellt allerdings auch eine Alternative zur
restlosen Kommerzialisierung der Innenstädte
dar.
Wie ist das mit dem Klüngel? Sie haben sich
heraus halten wollen. Hat sich das ausgezahlt? Wie sieht es
aus mit der Akzeptanz und Resonanz in der Stadt und in der
Szene?
Das Programm des Kunstvereins versucht nicht
mit allen Mitteln spektakulär zu sein. Mich interessiert
vielmehr, nachhaltig ein differenziertes Verständnis für die
Kunst und die Zeit, in deren Zeitgenossenschaft sie entsteht,
zu fördern. Die damit einhergehende Zurückhaltung in der
Programmgestaltung wird hoffentlich auf lange Sicht
Anerkennung finden.
Ihr beabsichtigtes
Alleinstellungsmerkmal für das Programm des Kunstvereins ist
es, Themen durch Kunst in die Stadtgespräche zu platzieren:
Migration, Stadturbanität, gesellschaftlich orientierte
Diskurse. Was werden Sie nun auf den Weg
bringen?
Nach Ann-Sofi Sidén zeigen wir den jungen
slowakischen Künstler Roman Ondák, danach eine
Gruppenausstellung, die einen Einblick in junge Kunst aus
Deutschland geben will, und anschließend eine große
Einzelausstellung der Kölner Künstlerin Cosima von Bonin.
Begleitend dazu wird es weitere Vorträge zum Thema
Architektur, Kunst und Migration geben sowie Filmreihen,
kuratiert von Diedrich Diederichsen, Slavoi Zizek und Jutta
Koether.
Gibt es einen Arbeitstitel für die
Ausstellung zur jungen deutschen Kunst? Wird
Gesellschaftsbezogenheit eine Klammer
darstellen?
1998 konnte ich zu einer europäisch
orientierten Ausstellung unter anderen Jonathan Meese, John
Bock und Sean Snyder einladen, die damals noch wenigen bekannt
waren. Ähnlich wird es auch in der kommenden
Gruppenausstellung in erster Linie um die Frage nach den
gegenwärtig aktuellen Tendenzen junger künstlerischer
Positionen in Deutschland gehen, die zukunftsweisend sein
könnten und in der Kunstöffentlichkeit noch nicht etabliert
sind. Der Verzicht auf eine vorab festgeschriebene
»thematische Klammer« ist Teil des Ausstellungskonzepts. Es
sollen damit unterschiedliche Positionen berücksichtigt werden
können, deren gemeinsame Ausstellung eine Diskussion über
Übereinstimmungen und Differenzen möglich macht.
Was
sind die häufigsten Fragen an Sie im Moment?
Am
häufigsten werde ich gefragt, was Migration mit Kunst zu tun
habe.
Konstantin
Adamopoulos
StadtRevue Archiv
|