Quer durch Galerien
Wie man den Advent eicht
Von Claudia Aigner
Ich eiche meinen Adventskalender ja so: Ich halte sehnsüchtig
nach dem "Adventszugvogel" aus Tirol Ausschau, und wenn er alle Jahre
wieder beim Gerersdorfer hineinflattert (Währinger Straße 12), reiß ich
das erste Fensterl auf. Natürlich ist die Anzahl der Fenster für das
heutige Zeitgefühl nicht mehr bedarfsdeckend. Und es wird wohl bald eine
Petition der Kariesproduzenten an die Manager vom Christkind geben müssen,
doch endlich genug Fenster zuzulassen, um die Adventskalender bereits am
Dienstag nach Ostern in Betrieb nehmen zu können. Bis es soweit ist,
beginnt der Advent aber mit der Ankunft vom Paul Flora in Wien.
Komische Viecher, diese Menschen! Davon lebt die charmant humorige
Zeichenkunst des Paul Flora (zu sehen bis 23. Dezember). Sein Monsieur
Courbeau (ein Rabe der Spezies "corvus sapiens") verhält sich zum Raben
wie Tarzan zu Cheetah. Bei Tarzan, der im Urwald vorzugsweise auf die
dortigen öffentlichen Verkehrsmittel aufspringt (Lianen), ist der
Stammbaum unverkennbar (auch wenn der Herr des Dschungels nicht so
redegewandt ist wie seine treue Primatin und Besitzerin von 98 Prozent
seines Erbguts). Da wird dem evolutionären Neuling Monsieur Courbeau doch
auch mal ein kleiner "reaktionärer Lapsus" passieren dürfen, und die
Abstammungslehre drückt noch einmal ein Auge zu, wenn er zu den
unzivilisierten Raben in die Bäume steigt (aus Heimweh). Paul Flora
ist freilich auch ein Meister der Traurigkeit. Ich traue mich, eine
Faustregel zu formulieren: Die Anzahl der Striche ist direkt proportional
zur Melancholie. Übrigens: Wie begeht eine Zigarre Selbstmord? Sie gibt
sich selber Feuer. Haben Adam und Eva in Bad Goisern Urlaub vom
Sündenfall gemacht? Der Chinese RongRong und die Japanerin inri (bis 20.
Dezember in der Steinek-Halle, Pramergasse 6) haben eine gute Kondition,
werden ihre unbeschwerte Erotik nämlich im Wettlauf gegen den
Selbstauslöser los. Und sind Textilverweigerer auf der Chinesischen Mauer
oder Schnupfenanwärter im Schnee vor dem Fuji. Oder romantische
Alpin-Nudisten über dem Nebelmeer (neben einem Gipfelkreuz in Tirol). Da
oben haben sie mit ihren blanken Hinterbacken auch den Bergen Konkurrenz
gemacht (als alternative Gipfel). Die zartrosa Wölkchen (die
Schwarzweißfotos sind alle hingebungsvoll handkoloriert) machen die
Märchen- idylle komplett: Und es gibt sie doch, die Nackerpatzln im
Vollbesitz ihrer Unschuld. (Zugegebenermaßen käme keiner auf die Idee,
eine paradiesische Unschuld zu diagnostizieren, wenn RongRong einen aus
allen Nähten platzenden "Peking-Enten-Friedhof" im Bauch und inri die Haut
von drei Kilo Orangen am Hintern hätte.) Von Xiong Wen Yun:
optimistisch bunte Fotos. Eine LKW-Karawane, unterwegs nach Lahsa. (Jeder
LKW "transportiert" eine Farbe des Regenbogens .) Rudolf Hradil (bis
22. Dezember in der Galerie Contact, Singerstraße 17) weiß, wie man den
Durst des Aquarellpapiers löscht. Diesmal hat er mit gedämpften Farben
mediterrane Impressionen unverkrampft "hingenässt". Manches wurde auch auf
Leinwand übertragen. Mit nicht ganz so großem Erfolg. Vielleicht weil eine
grundierte Leinwand eher einen Hunger hat als einen Durst.
Erschienen am: 14.12.2001 |
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