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Kulturpolitik: „Museen brauchen eine PISA-Studie!“

23.10.2008 | 18:13 | BARBARA PETSCH (Die Presse)

Stefan Höffinger, Unternehmens-Berater, rät von Panik in der Kultur wegen der Finanzkrise ab. Er votiert für Effizienzsteigerung in den Museen. Eine Studie soll diese fördern, trotz „Kobra-Stellung“ von Direktoren.

Die Presse: Die Kulturbetriebe fürchten sich vor den Folgen der Finanzkrise. Sponsoren brechen weg oder werden als Korruptionisten diffamiert. Subventionen sind seit Jahren eingefroren. Der Sparkurs der öffentlichen Hand wurde oft von Unternehmensberatungsfirmen gefördert, die den Kunstinstituten Missmanagement vorwarfen. Arthur D. Little hat eine Studie über die Effizienz von Museen gemacht. Wie soll es jetzt denn weitergehen?

Stefan Höffinger: Kulturinstitutionen sollen und werden weiterhin auf drei Säulen stehen: staatliche Zuwendung, private Zuwendung und eigene Einnahmen. Das Problem, das ich sehe, ist: Bei der Kultur geht jeder sofort in die Kobra-Stellung, wenn etwas hinterfragt und evaluiert wird. Die Vorbilder, die wir in unserer Studie herausgehoben haben, wie das Belvedere oder das MQ, zeigen, wie man sich durch gutes Wirtschaften neue Spielräume erschließen kann.

 

Es ist aber sehr von der Attraktivität der jeweiligen Sammlung abhängig, ob ein Museum viel Geld verdienen kann oder nicht. Ein kunsthistorisches Museum hat da mehr Möglichkeiten als ein Volkskundemuseum.

Höffinger: Das Stichwort ist immer Differenzierung. Wir haben bei unserer Studie Methoden des Benchmarking (vergleichende Analyse) angewendet. Da haben wir uns z.B. angeschaut, wie die Eigendeckungsquote jeweils ist, also was die Institutionen selbst auftreiben. Beim Kunsthaus Graz sind es 9,9 Prozent, beim Linzer Lentos 20 Prozent und beim Kunsthaus Bregenz 41 Prozent. Das sind schon beträchtliche Unterschiede, die mit unterschiedlichen Strukturen allein nicht zu erklären sind. Man kann das eben nicht so eindimensional sehen, dass man sagt: Die hehre Kunst, das ist eben ein Minderheitenprogramm. Es ist auch eine Frage der politischen Governance. Da herrscht vielleicht in Bregenz schon ein anderer Geist. In Vorarlberg lautet die Devise: Ausgeglichen wirtschaften, das ist die Startlinie für Kultureinrichtungen. Ein Fass ohne Boden kann sich keiner leisten.


Welches Interesse hat eine Firma wie Arthur D. Little, die hauptsächlich Kunden in der Wirtschaft hat, an der Kultur? Honorare?

Höffinger: Wir wollen uns in einen qualifizierten Dialog einbringen und auch unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Mit Vorständen, das ist unsere relevante Zielgruppe, gibt es dadurch ganz interessante Anknüpfungspunkte über die Wirtschaftsthemen hinaus. Vorstände von Großunternehmen sind kulturinteressiert. Eine Professionalisierungsinitiative im Kulturbereich, die von uns ausgeht, schafft bei ihnen das Vertrauen, um auch Probleme in ihren eigenen Bereichen anzusprechen. Wenn wir uns in diesem Feld kompetent positionieren und entsprechend wahrgenommen werden, ist das für unsere Marke Arthur D. Little gut. Wenn wir uns zum Thema Effizienzsteigerung, Erhöhung der Erlöse, Professionalisierung der Führung in der Kultur fundiert äußern, vertraut man unserer Kompetenz auch anderswo.

 

Kunstbetriebe sind nur beschränkt Unternehmen. Es gibt nichtprofitable Bereiche, z. B. bei den Museen wissenschaftliche Forschung.

Höffinger: Das ist natürlich für Teilbereiche richtig. Meiner Meinung nach kann sich allerdings keine einzige gesellschaftliche Dimension, einfach weil sie lustig ist oder sagt, bei uns geht das alles nicht, z.B. bei Kennzahlen, aus der Diskussion ausnehmen. Man merkt das jetzt bei den Schulen. Wir wollen bei der Kultur durchaus so etwas wie einen Anstoß à la PISA geben. Da kann man immer diskutieren, was man besser machen kann, aber diskutieren muss man dürfen! Wenn Sie denken, was für einen Erfolg das Buch „Der talentierte Schüler und seine Feinde“ von Andreas Salcher erlebt, da ließe sich manches auf die Kultur übertragen. Wir haben viele Interviews mit Museumsdirektoren gemacht für unsere Studie. Es ist interessant, aber natürlich auch verständlich, dass diejenigen besonders aufgeregt sind, die nicht so gut abschneiden. Da haben wir den Nerv getroffen. Wir lassen da jetzt auch nicht locker.

 

Wie sind Sie bei Ihrer Studie vorgegangen? Verkaufen Sie die Untersuchung? Was kostet so ein Projekt? Das muss ziemlich teuer sein.

Höffinger: Jede Zahl ist vielfach durchdiskutiert und geknetet. Es ist nicht einfach, gültige Daten zu bekommen. Wir haben bei dieser Untersuchung nicht primär an Verkauf gedacht. Der Marktwert sind 50.000 bis 60.000 Euro. Das Ministerium hat sich dafür interessiert. Der richtige Zeitpunkt wird kommen. Als Bürger sage ich mir, wir bestellen doch mittelbar die Führungskräfte der Kulturinstitutionen – und wir zahlen sie –, da haben wir auch einen Anspruch darauf, dass sie professionell agieren.


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