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vom 21.07.2005 - Seite 021
"Jå, mei: Ich hänge an der Maschine ¼"

Volkstheater, Staatstheater, Landestheater, Bayreuth, Elisabethbühne, Bregenz, Galeriegründung. Jonke, Bernhard, Schwab, Raimund, Schiller, Mozart, Webber. Vielfältig ist der oö. Künstler Georg Lindorfer. Die OÖN trafen ihn an seinem aktuellen Kulturplatz.

VON IRENE JUDMAYER

Eine gigantische Kombination aus Pyramiden wächst in den Himmel über Steyr: "Derzeit ist das mein Atelier hier. Der Schlossgraben!", sagt Georg Lindorfer. Riesige Planen sind im Hof ausgebreitet. Werden bemalt, verspannt zur Bühnen-Architektur, zur überdimensionalen Projektionsfläche für Susanne Sommers Inszenierung von Mozarts "Zauberflöte". Die Premiere der von den OÖN präsentierten magischen Mozart-Oper ist am 28. Juli.

Großformatige Gemälde

Das Bühnenbild zu dem fast restlos ausverkauften Musikfestival Steyr ist das aktuelle Werk des aus Rohrbach stammenden Künstlers. Ebenso abwechslungsreich wie seine Arbeiten ist auch seine Biografie: Denn der Sohn des renommierten Mühlviertler Viehhändlers Karl Lindorfer kam während einer Fleischhauer-Lehre in Wels zur Kunst.

"Das Zeichnen ist dann schnell für mich immer mehr zum überlebensnotwendigen Ausgleich geworden", bekennt er. Bereits seine ersten Versuche zeigten sein großes Talent. Seine Fähigkeit, sich in kraftvoller, körperhafter Unmittelbarkeit bildnerisch auszudrücken.

Und so studierte Lindorfer nach seiner Gesellenprüfung am Mozarteum Salzburg schließlich Bühnenbild bei dem berühmten Bruno Gallée. Spondierte dort mit dem expressionistischen Strindbergh-Stück "Nach Damaskus".

Computer unverzichtbar

Beim Gang durch sein luftiges Atelier am Linzer Volksgarten beeindrucken zunächst einmal viele großformatige Gemälde. Porträts, markante Physiognomien, die Lindorfer von Kunstschaffenden aus seinem Umfeld schuf. Daneben hängen Ölbilder unterschiedlicher Schwarzqualitäten. Daneben comic-hafte Abstraktionen - Symbole für Emotionen und politische Statements.

Daneben stehen drei Computerbildschirme, an denen Lindorfer fast täglich bis in die Morgenstunden hinein arbeitet: "Jå, mei: Ich hänge an der Maschine ¼" ist der Tag und Nacht gehörte Standardsatz auf Fragen nach seinem aktuellen Schaffen. Unverzichtbare Begleiter von "da Lindi" - so der metaphorische Spitzname des vielseitigen Künstlers -, sein Zeichenstift und sein Laptop. Lindorfer gilt nämlich auch als Virtuose digitaler Animation.

Virtuelle Theaterräume

Er fertigt virtuelle Landschaften und Bauten für Architekten, für Künstlerkollegen und für sich selbst bewegte Modelle seiner Bühnenbilder: "Mit dem Computer kann ich die Beleuchtung, die Bewegungen und Positionen der Figuren, also die Raumwirkung, perfekt simulieren!"

In seinem digitalen Archiv finden sich präzise "nachgebaute" Bühnenräume vieler Theater zwischen Scheibbs und Nebraska.

So gestaltete er legendäre Ausstattungen wie jene für Schillers "Räuber" (Theater Phönix, Regie: Georg Schmiedleitner); markante Szenerien für (und noch mit) Werner Schwab, für Thomas Bernhard, Max Goldt, Peter Androsch und viele andere. Auf Linzer, Berliner, Wiesbadener, Bregenzer, Grazer und anderen Bühnen.

Lindorfers Herz hängt an jedem dieser Stücke: "Besonders aber am Zusammenwirken mit Georg Schmiedleitner bei den ,Räubern` im Phönix, an der Arbeit mit Werner Schwab an seiner ,Volksvernichtung` und auch am kuriosen "Messias" und "Jesus-Christ-Superstar"-Projekt mit Georg Staudacher am Kurtheater Bad Hall."

Besondere Bühnenbild-Wünsche hat Lindorfer nicht wirklich. "Wobei mich ein Wagner schon reizen würde." Derzeit reizt ihn jedoch Mozarts "Zauberflöte" in Steyr: "Es fasziniert mich total und es ist eine ganz besondere Herausforderung, an einem Ort, der keine technischen Möglichkeiten bietet, so ein Zauberstück zu machen."

Nennt Georg Lindorfer als persönliche Maxime den Satz "Ich arbeite dort, wo man mich lässt", so birgt dieses "lassen" viele interpretatorische Facetten: Den Lindorfer muss man wirklich "lassen lassen" ¼

Räuber, Ölbild & Steyr digital im Kaleidoskop eines Künstler-Lebens: Lindorfer an der "Maschine" (Herzenberger,/Markovsky/irju)

=Das Zeichnen ist für mich überlebensnotwendiger Ausgleich geworden.}

=Dieses Zauberstück hier zu machen, ist eine besondere Herausforderung. }

"da Lindi" privat

Lieblingsbuch: "Mr. Aufziehvogel" von Haruki Murakami

Lieblingsmusik: "keine wirklichen Favourits, stimmungsabhängig."

Lieblingsessen: "Mutters rescher Schweinsbraten und Helmut Rachingers (Mühltalhof Neufelden) Speisekarte auf und ab."


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