VON CHRISTA
DIETRICH E-MAIL: christa.dietrich@vn.vol.at
Bregenz (VN) Video- und Filmarbeiten nähern sich mitunter im
Eilschritt dem Ablaufdatum. Was in Großausstellungen herumgereicht
wird, nützt sich rasch ab. Vor allem weil hier schneller als bei
anderen Techniken das übernommen werden kann, was einfährt.
Was tut also ein Kunsthaus, das etwas auf sich und sein Programm
hält, wenn Video und Film nicht ausgeschlossen sein sollen. Das
Kunsthaus Bregenz geht einen guten Weg. Er heißt Konzentration auf
eine enge Auswahl bei möglichst großzügiger Präsentation. Was
überrascht, sind also nicht die Namen (gebucht wurde, was derzeit
fast jedem geläufig ist), was erstaunt, ist die Aufmachung, die wohl
einzigartig ist und die sich beim Abschreiten der Geschosse
keineswegs als Mogelpackung erweist.
Nebenbei sei erwähnt, dass die Institution am Bregenzer Seeufer
zurzeit auf eine schrittweise Eröffnungsinszenierung setzt. Tone
Fink hält erst ab nächstem Samstag das Erdgeschoss besetzt, bis
dahin gibts Video bzw. Film pur.
Fließrichtung zum Kopf
Im Obergeschoss sind die beiden Britinnen Jane und Louise Wilson
die Lieferanten. Auf der Suche nach der möglichst ideologiefreien
Architektur sind sie beim Pasmore-Pavillon aus den späten 50 er
Jahren gelandet, der die Anordnung der Projektionsflächen für "A
Free and Anonymous Monument" (2003) inspiriert hat. Die Ein- und
Aussichten, durch die der Besucher hier geschleust wird (zu sehen
sind Industrie- und Technikbauten), entpuppen sich als wertfrei
neutrale Abhandlung von Form und Funktion. Das größte Plus ist die -
bei aller Sogwirkung - durchgehaltene Fließrichtung zum Kopf.
Diesbezüglich sieht es ein Stockwerk tiefer schon anders aus. Aber
die hohe emotionale Aufladung der Werke von Eija-Liisa Ahtila ist ja
bereits legendär.
Poetisch
Die Finnin ist die Poetin schlechthin unter den Filmkünstlern. In
der Arbeit "The House" (2002) bringt sie die Realität zum Kippen und
führt den Betrachter just in dem Moment, in dem die Stimmung ihrer
Erzählung im Breitwandformat allzu elegisch zu werden droht,
geschickt aufs Glatteis. Dann gibt es nämlich ironische Brechungen à
la Urzeit des Metiers. Da schreitet dann auch schon einmal eine Kuh
durch einen Salon oder es regiert ein, zwei Sekunden lang der rasche
Schnitt. Eija-Liisa Ahtilas Arbeit gewinnt enorm durch die
großzügige Aufmachung. An sich müsste die Erzählerin aus dem hohen
Norden ihren Ausstellern von nun an vorschreiben, ihre Werke stets
so zu präsentieren. Aber wer kann das schon, und wer kann der
Engländerin Tacita Dean für "Boots" (2003) gleich drei Räume zur
Verfügung stellen, in denen man erneut, aber ungemein spannend
erfährt, wie Abwesenheit (zu sehen ist eine leere Villa) von
Anwesenheit zeugt.
Und politisch
Anders - politisch - aufgeladen ist die sicher vielen bekannte
Arbeit "Arena" (2001) des Albaners Anri Sala im Keller. Er
konfrontiert mit unüblichen Zeugen von Unterdrückung und Gewalt
(Park, aufgelassener Zoo etc.), trifft aber exakt. Und der
gemeinsame Nenner der Arbeiten? Man braucht ihn im Kunsthaus gar
nicht anzuführen, er vermittelt sich auch nicht aufgesetzt, sondern
fassettenreich. Und bleibt die Architektur.