MAK Galerie: Ulrike Lienbacher "Aufräumen"
Schmutz und Sauberkeit
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Ulrike Lienbacher arbeitet in mehreren Medien, um eine
Strategie zum Ausdruck zu bringen, die mit den Spannungen unseres modernen
Lebens befasst ist. Dabei interessiert sie technische Perfektion und
maschinelle Makellosigkeit ebenso wie Schmutz und Zwangshandlungen der
Reinigung, die sich längst vom Ritual zur disziplinierenden Kontrolle
gewandelt haben. In der Galerie des MAK hat die 1963 geborene
Absolventin des Mozarteums bis 27. Oktober eine Fußbodenarbeit mit einem
sich wiederholenden floral geometrischen Element auf Linoleum statt ihrer
sonst in Bezug gesetzten Skulpturen eingefügt, um im Kontrast dazu auf
einem Tisch mit zwei Videos Schmutz und Sauberkeit gegenüberzustellen.
Am Ende des langen Raumes sind dann in gewohnter Weise ihre
interessanten und subtilen Zeichnungen geordnet, die das Thema noch einmal
in vielen Details zur Sprache bringen. Alle drei Ansätze bilden ein
funktionierendes Bezugssystem, das mit dem Übertitel "Aufräumen" auf die
Konventionen des Reinlichseins und des In-Ordnung-Bringens contra
Schmuddeligkeit samt einem ständig drohenden Kontrollverlust hinweist.
Das eine Video zeigt als Zeichentrick-Loop in den Betrachterraum
hineinwandernde Kleckse, die Symbole des Schmutzigen und Prämorphen; das
zweite einen Trickfilm mit einer sich trocknenden und das Haar richtenden,
sich kratzenden wie frisierenden Frau in Rückansicht, deren zuerst schön
frisiertes, sich in kreisender Bewegung zusammenballendes Haar zu
Wasserwellen verwandelt wird, die, von einem Ausguss angezogen,
verschwinden. Die ständige Endlosschleife betont das Zwanghafte und die
Angst vor Verlust der Reinheit. Lienbacher ist eine der härtesten
Kritikerinnen unserer Zivilisation und ihrer Zwänge, die zu psychischen
Defiziten führen und als reines Konsumdenken im Wiederholungszwang der
Sucht entgleiten. Der Mensch, der sich freiwillig in die Zwangsmühle
versetzt und nicht mehr mit der Einzigartigkeit seines Körpers und Daseins
agiert, sondern nur mehr mit der Gleichschaltung zu allgemeinen
ästhetischen Vorgaben, erinnert an Kafkas aussichtslose Erzählungen. Dazu
nützt sie die verschiedene Wirkung der neuen und alten Medien in
geschickter Konfrontation. Die Aussichtslosigkeit unseres
Imitationszwangs wird aber in den Zeichnungen zum Teil aufgelöst: Urformen
und Phantome (Maske mit langer Nase) kehren zurück; Haare mutieren zu
Grasnarben und Wasserströmen - die Heimkehr zur Natur als große Trösterin
bleibt wenigstens noch offen. In wenigen Wochen zeigt uns die Künstlerin
eine sicher ebenso interessante Fortsetzung ihrer Dialoge in der Galerie
Krinzinger.
Erschienen am: 30.09.2002 |
. |
MAK Galerie: Ulrike Lienbacher "Aufräumen"
Quer durch Galerien
Kunstforum der Bank Austria: Werke von Karel Appel
Heiligenkreuzerho f: Fotografie von Gabriele Rothemann
Museum für Alltagsgeschicht e in Neupölla: H. Scheucher
Quer durch Galerien
Jüdisches Museum: Postkarten
Istanbul: UNESCO- Konferenz
Morak präsentiert Kunst- und Kulturministerko nferenz in Graz
|
. |