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27.06.2002 - Ausstellung
Utopie hinter sieben Meter dicken Mauern
Peter Noever präsentiert seine Pläne für ein Zentrum zeitgenössischer Kunst im Gefechtsturm Arenbergpark erstmals vor Ort, in Wien.


Kühl, düster und schäbig ist es. Aber was erwartet man sich sonst vom Inneren eines der sechs Gefechtstürme in Wien? Zwischen 1942 und 1944 wurden die massiven Betontrümmer errichtet. Bis heute steht man ihnen hilflos gegenüber - abreißen oder bewahren zum Gedenken?

Einer dieser bedrohlichen Bauten wuchtet sich im Arenbergpark aus dem Boden - 42 Meter hoch, die Mauern bis zu sieben Meter dick. Seit 1995 verwendet das Museum für Angewandte Kunst zehn Prozent der 12.900 Quadratmeter als "Gegenwartskunstdepot".

Eine gesamte Umwidmung zum Kunstbunker lag nah. MAK-Direktor Peter Noever, bekannt für seine Visionen und bitteren Klagen über das Budget, begann mit der Planung. Gemeinsam mit den Architekten Sepp Müller, Stephan Embacher entwickelte er "CAT": Contemporary Art Tower, ein internationales Zentrum für zeitgenössische Kunst.

Das System ist so einfach wie genial: Internationale Künstler werden wie bei einem Artist-in-Residence-Programm eingeladen, hier zu arbeiten. So kann "in einem langzeitigen Run eine Sammlung aufgebaut werden, die unverrückbar ist und nicht am Kunstmarkt zusammengesucht wurde", so Noever, bei der "CAT"-Präsentation mit dem Titel "Heaven's Gift" im Gefechtsturm Arenbergpark.

Nach einer im Jahr 2000 in New York begonnenen weltweiten Publicity-Tour für "CAT", landete sie jetzt erstmals vor Ort. Als Vorgeschmack haben Ilya und Emilia Kabakov ihre für die letzte Biennale in Venedig entstandene Installation hier aufgebaut und dem MAK geschenkt.

Zwei weitere Künstler waren seit Planungsbeginn involviert: Jenny Holzer will an einem 90 Meter hohen Medien- und Versorgungsturm, der neben dem Bau stehen soll, ihre Texte herunterlaufen lassen. James Turrell entwarf eine Skyspacebar.

Nach den Plänen gehören sechs Geschoße der Kunst, die oberen beiden sind für Cafés, Restaurants reserviert. Die ersten drei Ebenen sollen kommerziell genutzt werden. Jetzt fehlen nur mehr die Künstler - und 22 Mill. Euro, die Noever für die Adaptierung braucht. Ein Finanzplan ist der nächste Schritt - sonst bleibt "CAT" eine Utopie hinter Mauern. sp

Gefechtsturm Arenbergpark, Wien 3. Bis 10. Nov., Do. bis So. 15-19 Uhr.



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