MEINUNG
Kunst als perfekte Geldanlage
Der Kunstmarkt
spielt derzeit ziemlich verrückt. Noch nie wurden in so kurzer Zeit
solche Unsummen für Kunst ausgegeben. Allein bei der Auktion von
Christie's in New York Ende der vergangenen Woche wurden nicht weniger
als 491 Millionen Dollar umgesetzt. Es war das mit Abstand höchste
jemals eingespielte Ergebnis. Und maßgeblichen Anteil hatten jene
Bilder von Gustav Klimt, die die österreichische Regierung nach langem,
eher peinlichem Rechtsstreit vor kurzem an Maria Altmann restituieren
mußte. Allein diese Bilder brachten einen Erlös von 151 Millionen
Dollar, rechnet man noch die bereits früher verkaufte "goldene Adele"
hinzu, die für 135 Millionen Dollar den Besitzer wechselte, dann ergibt
sich ein Verkaufswert der ehemals in der Österreichischen Galerie im
Belvedere zu sehenden Klimt-Gemälde von etwa 285 Millionen Dollar.
Erinnert man sich an das im Licht der vergangenen Auktion eher
"günstige" Angebot von Maria Altmann an die Republik Österreich, die
Bilder zu kaufen, dann zeigt sich, daß wir auf einen "Gewinn" von weit
mehr als 100 Millionen Dollar verzichtet haben, weil sich die Republik
nicht in der Lage sah, die Bilder zu erwerben. Nicht wirklich
ein gutes Geschäft. Denn immerhin gehören nun zwei der Klimt-Bilder zu
den fünf teuersten Kunstwerken der Welt. Sie belegen Platz zwei und
fünf. Den Top-Platz hat erst vor wenigen Wochen Jackson Pollock mit
seinem "No. 5" aus dem Jahre 1948 und einem Erlös von 140 Millionen
Dollar erreicht. Auf den Plätzen drei und vier sind Picasso-Gemälde
angeführt. Vier der fünf teuersten Bilder der Welt wurden in jüngster
Zeit verkauft. Der Kunstmarkt spielt verrückt. Bei den
Rekordpreisen sprechen wir von bereits verstorbenen Künstlern des 20.
Jahrhunderts, die den "alten", den großen der Kunstgeschichte, längst
den Rang abgelaufen haben. Aber auch die lebenden Künstler unserer Zeit
können auf zum Teil abenteuerliche Preise verweisen. Der in der
November-Nummer der Zeitschrift "Capital" bereits zum 36. Mal
vorgelegte "Kunstkompaß", in dem jeweils die hundert wichtigsten
Künstler der Gegenwart erfaßt werden, zeigt das. Ganz oben auf dem
Podest - nicht vom Preis, aber von der Wertung - steht, wie bereits im
vergangenen Jahr, der Deutsche Gerhard Richter. Ihm folgen der
Amerikaner Bruce Nauman und der Deutsche Sigmar Polke. Diese zwei
Nationen teilen sich überhaupt die Spitzengruppe. Unter den sieben am
besten eigestuften Künstlerinnen und Künstlern scheinen vier Deutsche
und drei Amerikaner auf. Österreich ist mit zwei Künstlern unter den
Besten vertreten: Der Bildhauer Franz West auf dem 24. Rang, der Maler
Arnulf Rainer auf Platz 93 - beide mit fallender Tendenz. Die Wertung des
"Kunstkompaß" setzt sich aus verschiedensten Positionen zusammen, es
geht um Veröffentlichungen in wichtigen Zeitschriften, um Ausstellungen
in wesentlichen Museen und Kunsthäusern. Es geht nicht um den Preis. So
sind die ersten 25 Künstler, die die Liste anführen, noch lange nicht
die teuersten. Die kommen erst weiter hinten - Namen allerdings, die
bereits Klassiker sind. Cy Thombly beispielsweise auf Rang 28 mit
Preisen bis zu eineinhalb Millionen Euro pro Bild, Jasper Johns (Platz
33) mit Schwankungen von einer bis vier Millionen Euro oder der Brite
David Hockney, der mit bis zu 600.000 Euro pro Bild auf Platz 71 etwa
gleich viel verlangen kann wie der Sieger des "Kunstkompaß", Gerhard
Richter. Der Kunstmarkt setzt, man kann es aus diesen Zahlen lesen, auf
"Klassiker". Denn damit können gewiefte Anleger mehr Geld verdienen als
am Aktienmarkt. Kunst ist beständiger. Auch heute junge, noch
unbekannte Kunst. VON WALTER FINK
|