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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
14.05.2004
15:56 MEZ
Foto: Kunsthalle
Ausschnitt aus Yinka Shonibares Diary of a Victorian Dandy (1998, Collection of Eileen and Peter Norton, Santa Monica)

Bekenntnis zur kreativen Vermischung
Dramatische Installationen bringt der anglo-nigerianische Künstler Yinka Shonibare in die Kunsthalle Wien

Wien - Mit Rassen- und Standesklischees spielt der anglo-nigerianische Künstler Yinka Shonibare, von dem die Kunsthalle im Museumsquartier bis 5.September Installationen und Fotoarbeiten ausstellt. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag hob Kunsthalle-Direktor Gerald Matt das "Bekenntnis des Künstlers zur kreativen Vermischung von Stilen und Epochen" hervor.

Wenn man sich in den Ausstellungsräumen der Kunsthalle ein Bild von Shonibares Arbeiten macht, fallen sofort die Widersprüchlichkeiten der kombinierten Elemente darin auf, die der Künstler auch bewusst erzeugt, um die Erwartungshaltung des Betrachters zu irritieren. Markant sind die historischen Bezüge: Shonibare zeigt vor allem Personen der englischen Oberschicht aus der viktorianischen Epoche des vorvergangenen Jahrhunderts, die als buntgekleidete Kleiderpuppen verschiedenen Vergnügungen frönen, auffälligerweise allesamt ohne Köpfe.

Buntbedruckte Geschichte

Die Installation "Gallantry & Criminal Conversation" beispielsweise, entstanden für die documenta 11 in Kassel, zeigt eine Gruppe Adeliger, die sich auf einem Picknick orgiastisch vergnügen, über ihnen eine erbsengrüne Kutsche schwebend. Kostümschnitt und Requisiten entsprechen dem 19.Jahrhundert, allerdings sind die Stoffe mit bunten afrikanischen Mustern bedruckt.

Der Künstler bringt sich in seinen Fotoarbeiten mit seiner Person auch selbst ein, sei es als "Dorian Gray" in kühlen Posen auf großflächigen Schwarz-Weiß-Bildern oder als herrschaftlicher Dandy umringt von beflissenem Dienstpersonal. Durch seine afrikanische Herkunft (Shonibare wurde als Kind nigerianischer Eltern 1962 in London geboren) schafft er einen neuen Kontext, der die historischen Herrschaftsverhältnisse europäischer Traditionen hinterfragt. Außer diesen Arbeiten mit historischen Bezügen ist auch die Installation "Space Walk" zu sehen, die von der Decke des Raumes hängend zwei Astronauten frei schwebend neben ihrer Raumkapsel zeigt, mit dem Schiff nur durch die Sauerstoffschläuche verbunden .

Für Matt ist wichtig, dass sich Shonibare nicht an die gängige Erwartungshaltung der europäischen Kunstbetrachter hält, nämlich dass "afrikanische Künstler afrikanische Kunst mit afrikanischen Inhalt machen müssen". Seine Installationen zeigten vielmehr in irritierenden Arrangements die historische Ausbeutung der Unterschicht auf und hätten damit eine subversive Kraft. Shonibare betont, dass sich das Publikum in seiner Kunst selbst erkennen solle und dass sich seine Werke im Alltagsleben widerspiegeln. Zu dem exotischen, erotischen und historischen Ambiente, das durch seine Figuren vermittelt wird, ergänzte Lucas Gehrmann, einer der Kuratoren: "Shonibares Installationen erzeugen Bilder wie aus einem Shakespeare-Drama". (APA)


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