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08.05.2002 - Ausstellung
Duftschwammerl und Insekten-Massaker
"Making Nature", unter diesem Titel versammelte die Österreichische Galerie im Atelier Augarten verschiedene, mitunter ansprechende neue und neuere Statements zum Verhältnis Kunst und Natur.
VON STEFAN MUSIL


Ein immergrünes Thema: Natur und Kunst. Eine blühende Umgebung, in der es sich in Wien ausbreiten kann: Im Atelier Augarten, am Rande desselben, in sechzehn Beispielen.

Noch duften die Bäume, aber schon segeln die Blüten zu Boden. Der Sommer kommt, und auch Bäume brauchen ihr Aroma. Das dachte sich wohl Olaf Nicolai, als er sein Baum-Parfum "Smell" kreierte.

Weg mit der Natur, rein mit der Kreation. Nicolai entwarf sein Kosmetikprodukt 1999 für die Deutsche Gartenschau in Magdeburg, bedrängte den Duft der Bäume mit seinem synthetischen und inserierte diesen in Zeitschriften.

Im Atelier Augarten steht nun eine Probe für Besucher bereit. Sie werden den Duft nicht lange riechen, denn nur wenig weiter wartet eine Geruchs-Attacke: Frühlingsfrisch, umwerfend zitronig überkommt es einen vor Volker Andresens "Soapparka". Andresen hat einen Barockpark mit Putz-, Spül- und Duftprodukten nachgebaut: Mit schlierig glänzendem Weichspüler gefüllte Teiche, Springbrunnen aus Duftschwammerl, und Beete aus flauschigen Putzlappen. Ein amüsantes Statement zur synthetisierten Natur der Konsumwelt.

Mark Dion stößt in größere Dimensionen. Er schreibt auf Stufen die Namen der Erdzeitalter, läßt darüber zähes Bitumen rinnen, bietet im Inneren der gestuften Box einen Blick ins Universum - und hat das Ganze dem Land-Art-Künstler Robert Smithsons gewidmet.

Digitalisierte Pflanzen

Gloria Friedmann hinterfragt die "Natürlichkeit" des Weltfriedens, indem sie Politiker in ihrer gestellten Freundlichkeit beim Handshake zeigt. Von Photos, die in zwei Reihen unter dem mit internationalen Flaggen geschmückten Weihnachtsbaum aus Plastik liegen, lächeln sie. Lois Weinberger schließlich hat Natur digital geborgen. Seine Photos von Pflanzen laufen über einen Bildschirm, den er in ein armes Blechhüttchen gestellt hat.

Wie sich der Mensch in der Natur bewegt, das studierte Aleksandar Battista Ilic in seiner Photoserie "Weekend Art: Hallelujah the Hill" über sechs Jahre. Hier wird im Bach gebadet, im Freien gepicknickt, gejagt, über die Wiese gerollt.

In ein Dilemma stürzt der Besucher dann vor Dieter Buchharts "Public Care". Zarte Brennesseln wachsen aus im Raster aufgestellten Stelen und sollen eine gewisse Höhe nicht erreichen. Schilder geben die Anweisung, sie dann abzuschneiden. Also zerstören und der Vorschrift gehorchen? Auf der Strecke bleibt die Natur bei Günther und Loredana Selichars Video "Granturismo". Wie im Road Movie, wie im Videospiel bohrt sich ein Bolide durch die Landschaft, bis ein erstes Insekt auf der Scheibe zerplatzt - der Beginn eines wahren Massakers.

Von diesen unterschiedlichen Ansätzen der Kunstnatur, nach einigen treffenden Statements, manchem, was nicht ganz einsichtig werden möchte, tritt man wieder in das Grün des Augartens. Und es ist angenehm, beinahe kunstlos.

Bis 1. 9., Di. bis So., 10 bis 18 Uhr.



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