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Kunstberichte

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Von Claudia Aigner

Begrabt ihn tiefer!

Aufzählung (cai) Schimpft der weibliche Zombie mit dem männlichen Zombie, weil der verbissen ein Grab buddelt: "Du hast also nichts weiter gebraucht als ein Loch? Kannst du auch an was anderes denken als an Sex?" Es steht Ihnen natürlich frei, jetzt zu lachen, aber das ist trotzdem kein Nekrophilenwitz. Sondern eine Szene aus Constanze Ruhms tiefsinnig absurdem ... äh, tja, das Genre ist schwer einzuordnen. Ist "My_Never_Ending_Burial_Plot" ein Mystery-Psycho-Zombie-Thriller oder ein Reinkarnations-Sciencefiction-Musical-Schocker? Der Film handelt jedenfalls von drei .. . hm. Das müssen lebensmüde, in einer Sadomaso-Zeitschleife gefangene Buddhisten mit verdammt schlechtem Karma sein, die unbedingt ins Nirwana wollen und sich deshalb dauernd mit dem Spaten eins überbraten oder gegenseitig abknallen und nach ein paar Runden aussehen wie Bruce Willis am Ende von "Stirb langsam". Ach, es sind doch Zombies. Buddhisten dürfen denselben Körper ja bloß einmal benutzen.

Dazwischen führen sie traumlogische Gespräche oder sagen was total Intellektuelles. ("Dann muss ich immer an mein konstitutives Außen, das mich strukturiert, denken." – "Deine Mutter.") Eine Sardinenbüchse hat das Ablaufdatum 1660. Ein außerirdisches Artefakt? Das Ding, das das Raum-Zeit-Kontinuum im Innersten zusammenhält? Oder die Sardinenbüchse der Pandora? (Öffnet man die, kommt der ultimative Gestank auf die Welt, das Aroma von seit 350 Jahren verdorbenem Fisch.) Ein g’scheiter, hochkomplexer Film. Aber müssen die drei Akte auf drei Monitore verteilt sein? Ist man nicht schon verwirrt genug?

Kerstin Engholm Galerie
Schleifmühlgasse 3, 1040 Wien
Constanze Ruhm, bis 25. April
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr

Der Tante-Jolesch-Effekt

Aufzählung (cai) Den Punkt am Ende von diesem Satz widme ich übrigens der ersten Gelse, die ich heuer erschlagen werde. Wieso ausgerechnet der ? Na ja, wieso widmet der Helmut Federle ein Fünfeck dem Mörder von John F. Kennedy? ("Painting for Lee Harvey.") Könnte ein billiger Trick sein, damit das "sinnlose" abstrakte Bild sinnvoll erscheint. Das Fünfeck leuchtet so spirituell, es symbolisiert womöglich das Licht am Ende des – Höllenschlunds. Dass man sich nachher an mageren Zeichnungen vorbeiquälen muss, ist sicher ein dramaturgischer Trick des Kurators (Roman Kurzmeyer). Dann schmachtet man die pittoresk verwaschenen Malereien im letzten Raum umso dankbarer an. Wenn man hungrig ist, schmeckt das gute Essen eben noch besser. Doch warum zahlt jemand begeistert 55.000 Euro für so ein Bild? Muss der Tante-Jolesch-Effekt sein. Das Geheimrezept für die weltbesten Krautfleckerln der Tante war ja: "Weil ich nie genug gemacht hab." Und der Federle malt einfach ein paar Bilder weniger, als die Welt vertragen könnte.

Galerie nächst St. Stephan
Grünangergasse 1/2, 1010 Wien
Helmut Federle, bis 28. April
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr

Gemma Aura schaun!

Aufzählung (cai) Auf die Objekte von Josef Adam Moser starrt man wie ein Zoologe auf einen lebenden Tasmanischen Beutelwolf: ungläubig. Die haben nämlich eine Aura. Die weißen Platten, die vor der Wand schweben, dünsten einen mystischen Farbsmog aus. Gut, sie sind hinten bunt bemalt. Mit Spezialfarben, die bei Raumtemperatur in den gasförmigen Aggregatzustand übergehen. Schmarrn! Die Farben werden bloß von der Wand reflektiert. Trotzdem ein Wunder. Das funktioniert auch, wenn die ausgeklügelten Konstruktionen an sichtbarerer Stelle angefärbelt sind.

Galerie Strickner
Fillgradergasse 2/7, 1060 Wien
Josef Adam Moser: "Between Colour", bis 17. April
Di. – Fr.: 16 – 19 Uhr, Sa.: 11 – 13 Uhr

Printausgabe vom Mittwoch, 14. April 2010
Online seit: Dienstag, 13. April 2010 17:27:00

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